04. Mrz 2015

ISO 9001 Revision einfach erklärt

Der prozessorientierte Zugang

Im Februar wurde das voraussichtlich letzte Arbeitsgruppenmeeting zur ISO Revision in Litauen abgehalten. In den fünf Tagen dieses Meetings wurden die letzten Feinschliffe für den Letztentwurf (Final Draft International Standard, FDIS) getätigt. Damit läuft die Revision weiterhin nach Fahrplan für eine Veröffentlichung im September. 



Quality Austria bietet in einer Reihe von Fachbeiträgen Informationen zur Revision der ISO 9001:2015. Jeden Monat wird ein Kernkonzept der Revision vertiefend erläutert. Diesen Monat erläutert Ing. Joseph B. Garscha die Änderungen in einem Kernstück der ISO 9001, dem prozessorientierten Ansatz.

 

Erweiterung des prozessorientierten Zugangs in der neuen ISO 9001:2015

Ing. Joseph B. Garscha

 

Die ISO 9001:2015 sieht bei festgelegten Forderungen für ein wirksames Qualitätsmanagementsystem einen ganz starken Fokus auf dem Wort „relevant“. Wenn jedoch relevant, dann sind wesentlich konkretere Vorgaben als bisher zu erkennen. Ein Thema das von diesem Zugang offensichtlich ganz intensiv betroffen ist, ist das Thema der Handhabung des prozessorientierten Zugangs. Und hier insbesondere die Konkretisierung, welche Informationen und Festlegungen eine umfassende Prozessdarstellung verlangt.

 

Durch Konkretisierung wird die Norm leichter verständlich und anwendbar. Offensichtlich sind in die gegenständliche Revision viele Erfahrungsberichte mit eingeflossen, sodass manches, was mittlerweile ohnehin weltweit bereits als state of the art gesehen werden kann, nun als Normforderung zu finden ist.

 

Konkret bedeutet dies: für die Prozesse, die für das Qualitätsmanagementsystem benötigt werden und für die eine Anwendung innerhalb der Organisation festgelegt wurden, sind ein Bündel von Detailfestlegungen nun dezidiert gefordert. Die Umsetzung könnte ganz pragmatisch mit einem Prozess-Template/-Datenblatt erfolgen, wo diese Kriterien zur Prozessbeschreibung entsprechend ausgewiesen werden:

 

  • Input & Output (was benötigt der Prozess, um wirksam werden zu können und mit welchem „Startereignis“ beginnt dieser Prozess zu wirken sowie was ist das beabsichtigte Prozessergebnis und analog dazu das „Endereignis“, d.h. welche Folgeaktivitäten sind einem anderen Prozess zuzuordnen).
  • Die Einbindung der Prozesse in die Organisation sowie die erkannten Wechselwirkungen zu anderen Prozessen (z.B. zu denen keine unmittelbare und offensichtliche interne Lieferanten-Kunden-Beziehung besteht).
  • Prozesskennzahlen (was, von wem, wie oft und wie) mit Soll-Werten und Festlegungen mit dem Umgang der ermittelten Ist-Werte (damit sinngemäß dem Aufbau eines Regelkreises)
  • Festlegung von Ressourcen (personeller und materieller Natur, z.B. involvierte Organisationsbereiche mit erforderlicher Kompetenzder umsetzenden Mitarbeiter sowie allenfalls benutzte Einrichtungen, Infrastruktur u/o sonstiger Leistungen wie auch erforderlichen Informationen und erforderliches Know-how zur Erreichung der Prozessziele).
  • Festlegung der Verantwortlichkeiten und Befugnissen. Das könnte neben der Prozessverantwortung (Process-Owner) auch eine Konkretisierung der verantwortlichen „ressourcengebenden Schnittstellenpartner“ sein. Dieses „Prozessteam“ wird als Kollektiv für die Erreichung der festgelegten Prozessziele verantwortlich zeichnen. Neben der Verantwortung wird auch die Festlegung der Befugnisse verlangt, das könnte auch als eine Form der „Umsetzungskompetenz“ gesehen werden. Z.B. Welche Handlungsvollmachten sind erforderlich, um unter den definierten Rahmenbedingungen die wirksame Umsetzung der Prozessziele gewährleisten zu können.
  • Des Weiteren ist eine Identifikation der symmetrischen Begriffe „Risiken & Chancen“ gefordert, die im Zuge der Planung und Umsetzung gesehen werden. Keine Risiken würde auch bedeuten keine Chancen zu sehen! Ein Minimum in der prozessualen Ablaufdarstellung könnte eine Identifikation möglicher „Störgrößen“ u/o Veränderungserfordernisse (z.B. aufgrund von Zusatzinformationen, neuen Situationen, Nichterfüllung vorangehender Leistungen/Lieferungen etc.) sein und wie allenfalls damit umzugehen ist.
  • Für die bisher schon geforderte Überwachung und Bewertung könnte hilfreich sein, klare Methoden der Prozessregelung (in welcher Form werden welche Kenngrößen und Ereignisse erfasst und wie wird mit den Ergebnissen umgegangen – z.B. in Form eines Prozess-Reviews).
  • Der Output des zuvor genannten Unterpunktes könnte der Input für die letzte neue Normforderung betreffend der Prozesse sein: Welche Chancen zur Verbesserung / Weiterentwicklung der Prozesse des Managementsystems werden aufgrund der Erkenntnisse der Prozessregelung gesehen.
  • Was so ein Prozess-Datenblatt ebenfalls enthalten sollte, wäre die Festlegung, welche dokumentierte Informationen für die wirksame Umsetzung dieses Prozesses relevant sind.

 

Ein großer Vorteil eines solchen Managementsystems ist sicherlich, dass das Verstehen von Zusammenhängen und damit die systemische Denkweise unterstützt werden kann. Erkannte Wechselwirkungen können so auch als Regelungsinstrument eingesetzt werden.

Die Abgrenzung welche Prozesse für das Qualitätsmanagementsystem benötigt werden sowie deren Anwendung, ist jedoch weiterhin von der jeweiligen Organisation selbst zu treffen. Damit wird dem Systemdesign auch weiterhin große Bedeutung beizumessen sein.

Die Zusammenführung aller identifizierten Prozesse in einer Prozesslandkarte stellt in einer grafischen Form deren Ablauffolgen dar.

 

Autor

Ing. Joseph B. Garscha
Netzwerkpartner
Lead Auditor, Trainer
Quality Austria

Ansprechpartner

Team

Frau Mag. Dr. Anni Koubek

Prokuristin Branchenmanagement Medizinprodukte

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