01. Jul 2015

ISO 9001 Revision einfach erklärt

Ressourcen zur Überwachung und Messung von Dienstleistungen

In den nächsten beiden Wochen sollten die Schlussentwürfe der ISO 9001 und ISO 14001 Revision vorliegen. Die Vorbereitungen bei Quality Austria laufen auf Hochtouren, damit wir unseren Kunden ab Erscheinen der Normen akkreditierte Zertifizierungen zu den Standards anbieten können.

Dazu haben wir uns eingehend mit den Inhalten der Revision auseinandergesetzt. Die Ergebnisse dazu sammeln wir in einer Buchpublikation, die im September 2015 im Carl Hanser Verlag erscheinen wird. Die Inhalte des „Praxisbuch ISO 9001:2015“ wurden im deutschsprachigen Raum zwischen den führenden Zertifizierungsgesellschaften Quality Austria, SQS und  DQS abgestimmt, um Ihnen ein fundiertes Begleitwerk für die Umsetzung der Anforderungen zur Verfügung zu stellen. 

Jeden Monat wird ein Kernkonzept der Revision vertiefend erläutert. Diesmal erläutert Josef Hödl die Anforderungen sowie nutzenbringende Methoden zum Thema „Ressourcen zur Überwachung und Messung von Dienstleistungen“.

Wissen in der ISO 9001 Ressourcen zur Überwachung und Messung von Dienstleistungen

Ing. Josef Hödl

 

Messmittel haben in der ISO 9001 eine lange Tradition. Jedoch wurden dabei primär auf technische Messmittel fokussiert,  im englischen Text wird dazu der Term „Measurement equipment“ benutzt. Nun wird das Konzept erweitert, der neue Term heißt „Ressourcen zur Überwachung und Messung“, und kann nun alle möglichen „Ressourcen“ beinhalten, wie zB Personen, Messgeräte, Checklisten, Informationen, Arbeitsumgebung, Infrastruktur, etc..

Diese allgemeinen  Anforderungen zu den Ressourcen zur Überwachung und Messung in der ISO 9001:2015 (Abschnitt 7.1.5.1) sehen vor, dass „die Organisation geeignete Ressourcen bestimmen und bereitstellen muss, die für die Sicherstellung gültiger und zuverlässiger Überwachungs- und Messergebnisse benötigt werden, um die Konformität von Produkten und Dienstleistungen mit festgelegten Anforderungen nachzuweisen.“ Erst in einem weiteren abgetrennten Abschnitt (7.1.5.2)  wird auf Messmittel eingeschränkt in dem die Aspekte Rückverfolgbarkeit von Messungen sowie Kalibrierung und Verifizierung im Fokus stehen.

Wir fokussieren auf die allgemeinen Anforderungen. Dabei wurde neu in die ISO 9001:2015 aufgenommen, dass Überwachungs- und Messergebnisse „gültig“ und „zuverlässig“ sein sollen. Gültigkeit oder „Validität“ gibt den Grad der Genauigkeit an, mit dem ein Messinstrument tatsächlich das misst, was es messen soll. Die Zuverlässigkeit oder „Reliability“ ist das Ausmaß, in dem ein Messinstrument bei wiederholten Messungen dieselben Messergebnisse produziert. Eine Grundvoraussetzung dafür ist es, dass die erhobenen Messwerte objektiv, das heißt unabhängig vom Messenden sind, damit die Daten auch sinnvoll interpretiert werden können.

Qualität im Sinne der ISO 9001:2015 bezieht sich auf den Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objektes Anforderungen erfüllt. Kundenzufriedenheit bezieht sich auf die Wahrnehmung des Kunden, zu welchem Grad die Erwartungen des Kunden erfüllt worden sind. Sowohl die „Kundenzufriedenheit“ und auch die „Dienstleistungsqualität“ sind theoretische Begriffe, die zu abstrakt und komplex sind, als dass sie direkt gemessen werden könnten. Durch Operationalisierung werden einzelne messbare Indikatoren gebildet, deren Messwerte dann gemeinsam eine Gesamtaussage treffen können.

 

Überwachen und Messen von Dienstleistungen:

Dienstleistungen werden in sach- und personenbezogene unterschieden. Bei ersteren kann die Messung der Konformität mit festgelegten Anforderungen auf Parameter heruntergebrochen werden, bei denen die Wechselwirkung mit dem Kunden eine geringe Rolle spielt (zB Konformität  von Laboranalysen, Copyshop, etc.). Dort werden auch die Messverfahren sich genau auf jene Eigenschaften beziehen. Jedoch für Dienstleistungen,  bzw. jenen  Dienstleistungsanteil, bei dem die Interaktion mit den Kunden das wesentliche Gestaltungselement ist, erweist sich diese „Operationalisierung“ schon etwas schwieriger.

Im Folgenden werden einige Verfahren zur Messung für Dienstleistungen vorgestellt, welche speziell auf die Dienstleistungen in der Interaktion mit dem Kunden fokussieren. Diese Methoden können auch für eine fundierte Festlegung von Dienstleistungsanforderungen genutzt werden. Damit wird Organisationen ein erweiterter Methodenkasten zur Verfügung gestellt, um auch für diese Dienstleistungsanteile fundiert Anforderungen festlegen zu können, bzw. die Konformität mit den Anforderungen fundiert zu bewerten.

Ausgehend von unterschiedlichen Modellen für Dienstleistungsqualität werden entweder Potential-, Prozess- und Ergebniselemente betont, Routine- oder Ausnahmesituationen betrachtet oder auch danach unterschieden, ob die Modelle auch Wahrnehmungs- und Beurteilungsprozesse des Kunden thematisieren oder nicht.

Die Messansätze berücksichtigen die Vielfalt und Besonderheiten von Dienstleistungen. Sie unterscheiden sich nach dem zugrunde gelegten Qualitäts- und Dienstleistungsverständnis sowie dem methodischen Zugang. Es werden kundenorientierte und organisationsorientierte Messansätze unterschieden, erstere werden in der Abbildung dargestellt. (siehe Bruhn 2006, S. 84). Die kundenorientierten Messansätze werden in objektive und subjektive gegliedert.

Abbildung: Kundenorientierte Messverfahren der Dienstleistungsqualität

Objektive kundenorientierte Messungen sind Verfahren, die die Dienstleistungsqualität aus der Sicht der Kunden beurteilen, aber nicht aufgrund subjektiver Einschätzung einzelner Kunden: hierzu zählen Expertenbeobachtungen, Warentests oder der Einsatz von Testkäufern.

Subjektiv kundenorientierte Messungen setzen direkt beim Kunden an und versuchen die Qualitätswahrnehmung einer Dienstleistung aus der Sicht einzelner Kunden zu erforschen und zu messen; sie stützen sich auf merkmals-, ereignis- oder problemorientierte Messverfahren.

Merkmalsorientierte Messinstrumente basieren auf der Unterscheidung verschiedener Qualitätsmerkale einer Dienstleistung. Ausgehend von Beurteilungen der verschiedenen Merkmale einer Dienstleistungsqualität aus Kundensicht wird das Gesamturteil durch die Summe der Einzelbewertungen gebildet. Beispiele sind: multiattributive Verfahren, dekompositionelle Verfahren, die Vignetten-Methode, Willingness-to-pay-Ansatz und Penalty-Reward-Faktoren-Ansatz. Diese merkmalsorientierten Ansätze erlauben die Durchführung einer Datenerhebung mithilfe standardisierter Fragebögen. Dadurch wird eine statistische Analyse möglich und quantitative Ergebnisse erzielt.

Ereignisorientierte Verfahren berücksichtigen den Prozess-Charakter einer Dienstleistung. Sie identifizieren jene Ereignisse, die von Kunden im Zusammenhang mit der Leistungserbringung als besonders positiv oder negativ empfunden werden. Die Datenerhebung basiert auf der Methode des „Story Telling“ – die Kunden werden gebeten, ihre Erfahrungen in einem offenen und persönlichen Interview zu schilden. Die bedeutendsten ereignisorientierten Messverfahren sind: die sequenzielle Ereignismethode, Beobachtung üblicher Kontakterlebnisse sowie die Critical-Incident-Technik und Beschwerdeanalyse für kritische Kontakterlebnisse.

Problemorientierte Ansätze betrachten aus der Sicht von Kunden qualitätsrelevante Problemfelder im Rahmen der Leistungserstellung. Zu dieser Gruppe von Ansätzen gehören die Problem-Detecting-Methode sowie als eine Weiterentwicklung ersterer die Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme (FRAP). Diese Verfahren befragen Kunden zu speziellen Problemfällen, die anschließend systematisch bewertet werden. Die Beschwerdemessung wertet Kundenbeschwerden systematisch aus, dient jedoch nicht als eine systematische Qualitätserhebung.

Messung der Kundenzufriedenheit: Für die Kundenzufriedenheitsmessung eignen sich vor allem die subjektiven Messverfahren. Ob die merkmals-, ereignis- oder problemorientierten Verfahren eingesetzt werden sollten, hängt von den verfolgten Zielen ab. Der Ablauf einer Kundenzufriedenheitsmessung ist nach den Regeln der empirischen Forschung festgelegt. Es ist eine Reihe von forschungsrelevanten Entscheidungen über Art der Befragung, Auswahl der zu befragenden Kundengruppe, Durchführung der Erhebung und der statistischen Analyse- und Interpretationsmethoden zu treffen.

Autor

Ing. Josef Hödl
FH JOANNEUM GRAZ
August-Aichhorn-Institut für Soziale Arbeit
E-Mail

Ansprechpartner Qualität

Team

Frau Mag. Dr. Anni Koubek

Prokuristin Branchenmanagement Medizinprodukte

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