29. Okt 2015

ISO 9001 Revision einfach erklärt

Bewusstsein

Dieser Abschnitt ist als Anforderung nicht neu. Durch die Darstellung als eigener Normabschnitt wurde er aber aufgewertet, ergänzt und erweitert. Ziel einer Organisation muss es sein, das Bewusstsein zu schaffen, dass Mitarbeiter einen Einfluss auf die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems haben können. Diese Personen sollten sich der Auswirkungen, welche durch schlecht bzw. nicht eingehaltene Vorgaben entstehen können, bewusst sein und dementsprechend handeln.

Quality Austria bietet in einer Reihe von Fachbeiträgen Informationen zur Revision der ISO 9001:2015. Jeden Monat wird ein Kernkonzept der Revision vertiefend erläutert. Diesmal erklärt Ing. Friedrich Smida, BA MA die Anforderungen zum Thema "Bewusstsein" und wie diese umgesetzt werden können.

Anforderungen zum Thema "Bewusstsein"

Ing. Friedrich Smida, BA MA

 

Der Begriff "Bewusstsein" hat im Sprachgebrauch sehr unterschiedliche Bedeutungen, die sich teilweise mit den Bedeutungen von Psyche, Seele und Geist decken. Daher liegen auch sehr unterschiedliche, je nach Betrachtungsweise verschiedene Definitionen von Bewusstsein vor. Eine der Definitionen, die dem Sinn der Normanforderungen entspricht, sei nachfolgend dargestellt:

"Bewusstsein ist der Zustand, in dem man sich einer Sache bewusst ist und entsprechend handelt".1

Sich einer Sache bewusst zu sein und entsprechend zu handeln, bezieht sich hier auf jene relevanten Personen, die Tätigkeiten in einer Organisation verrichten. Die Aufgabe der Organisation ist es, jene Personen zum Nachdenken anzuregen, damit sich diese ihrer Aufgabe sowie ihres Einflusses bewusst werden. Sie sollen sich die möglicherweise auftretenden Auswirkungen auf die Qualitätsleistung und Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems vor Augen zu führen (sich bewusst werden, was unter Umständen passieren kann, wenn ein auch schon geringfügiges Abweichen von Vorgaben in Kauf genommen wird).

Dieses entsprechende Handeln bezieht sich auf das Verhalten von Mitarbeitern. Dieses Verhalten muss einerseits geprüft (überprüft) und andererseits trainiert werden, wenn bei Überprüfungen oder durch andere Anzeichen festgestellt wird, dass Abweichungen von Vorgaben vorliegen.

Eine stabile Verhaltensänderung bei Mitarbeitern in einer Organisation zu erzeugen (ev. Kulturwandel) ist nicht immer einfach.
Diese eventuell erforderliche Verhaltensänderung ist selten durch eine einfache Schulung zur Ausführung der Tätigkeit möglich. Nur durch im Lehrsaal sitzen und zuhören, wird selten eine Verhaltensänderung, die unter Umständen erforderlich ist, zu erreichen sein ("beim einen Ohr hinein, beim anderen hinaus"). Es ist daher für die Organisation wichtig den Lernprozess als einen Prozess der relativ stabilen Veränderung des Verhaltens, Denkens oder Fühlens aufgrund von Erfahrungen oder neu gewonnener Einsichten zu steuern. Einstellungen lassen sich nicht einfach in einem Seminar verändern, sie sind oft durch eigene Erfahrungen tief verankert und bedeuten oft sogar persönliche Erfolgsmuster (z. B. man muss schnell sein – dabei kann die Präzision leiden). Es ist dabei auch das Umfeld zu beachten. Mitarbeiter benötigen zum Umsetzen von neuen Verhaltensweisen Unterstützung von Vorgesetzen, da Rückfälle in alte Verhaltensmuster normal sind (die Bereitschaft des Menschen Mängel zu ertragen ist größer als die Bereitschaft Mängel abzustellen).

Um die Wahrscheinlichkeit des Lernerfolges bei Schulungen/Trainings zu erhöhen, sollten nachfolgende Prinzipien von Dave Meier und die weitgehend identischen Prinzipien der konstruktivistischen Didaktik, die seit vielen Jahren in der Lehr- und Lernpsychologie angewendet werden, Berücksichtigung finden2:

 

Lernen bezieht den gesamten Körper und Geist ein.

Lernen ist nicht nur Sache des Verstandes, sondern umfasst alle Sinne.

 

Lernen ist schöpferisches Tun, nicht Konsum.

Lernen ist nicht "etwas aufnehmen", sondern ein aktives einbauen von Neuem in die Struktur des Selbst. Es entstehen neue Zusammenhänge.

 

Man lernt durch eigenes Tun in einem realistischen Kontext und durch Feedback.

Schwimmen lernt man, indem man schwimmt. Lernen ohne Kontext vergisst man schnell.

 

Das Bilderhirn nimmt Informationen sofort und automatisch auf.

Bildhaftes wird schneller erfasst und besser behalten als die abstrakte Sprache.

 

Lernen soll problemorientiert sein.

Bei der Arbeit an konkreten, realistischen Aufgaben kommt ein "Konstruktionsprozess" in Gang. Durch Feedback zu den Folgen seines Tuns gewinnt er an Erfahrung (Kompetenz).

Beachtet man die beispielhaft dargestellten Prinzipien des modernen Lernens, so können entsprechende bewusstseinsbildende Maßnahmen, betreffend der Steigerung der Qualitätsleistung oder der Nichteinhaltung von Anforderungen und deren Konsequenzen, gesetzt werden.

Viele der Werkzeuge und Methoden, die zur Bewusstseinsbildung eingesetzt werden können, sind bereits in der Organisation vorhanden. Oftmals ist es "nur" erforderlich die betroffenen Mitarbeiter entsprechend einzubinden.

Abbildung 1: Bewusstsein bilden durch "Lernen"

Als Beispiel sei nachfolgende, bekannte, Methode aus dem Qualitätsmanagement angeführt:

Durchführen einer FMEA (Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse) in Anwendung der Risikoanalyse

Dabei wird im Team an einem konkreten Prozess oder Produkt die mögliche Ursache eines möglichen Fehlers und die zugehörige Fehlerfolge (was kann passieren) gemeinsam ermittelt (dabei werden alle oben beschriebenen Prinzipien der modernen Didaktik angewendet).

Die bewusstseinsbildenden Maßnahmen sollten aufgrund von Problemen, neuen Prozessen, Vorfällen oder Ähnlichem geplant und eventuell im Schulungsplan festgehalten werden.

1 The free dictionary: Definition Bewusstseinsbildung, Internetadresse:de.thefreedictionary.com/Bewusstseinsbildung, abgefragt am 19.7.2015.
2 Vgl. Weidenmann, B. (2011). S. 16ff.

Autor

Ing. Friedrich Smida, BA MA
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Ansprechpartner Qualität

Team

Frau Mag. Dr. Anni Koubek

Prokuristin Branchenmanagement Medizinprodukte

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