Beinaheunfälle – Unfalluntersuchungen
Jeder Arbeitsunfall ist ein Arbeitsunfall zu viel. Das Ziel der innerbetrieblichen Maßnahmen zur Unfallverhinderung stellt einen unfallfreien Betrieb als Ziel aller Maßnahmen in den Mittelpunkt. Dieses Ziel kann jedoch nur mit vereinten Kräften aller Personen in einem Unternehmen erreicht werden. Speziell das Thema „Meldung von Beinaheunfällen“ ist eine permanente Herausforderung. Wer gibt schon gerne zu, dass er oder sie etwas falsch gemacht hat oder ungeschickt war.
Die Wichtigkeit, an dieses Wissen über Beinaheunfälle, unsichere Handlungen und unsichere Zustände zu gelangen, bildet die Basis für Maßnahmen Unfälle zu verhindern.
Die Motivation zur Meldung von Beinaheunfällen, unsicheren Handlungen und unsicheren Zuständen liegt im Bewusstsein der Mitarbeiter und der (Fehler-)Kultur im Unternehmen.
Ein sehr wirksames Werkzeug zur Verhinderung von Unfällen stellt die Analyse von Beinaheunfällen dar. Da auf einen Arbeitsunfall mit Arbeitszeitausfall eine Vielzahl von Beinaheunfällen kommen, ist ein vorbeugendes Handeln – bevor wirklich etwas passiert – nach Beinaheunfällen absolut wichtig.
Arbeitnehmer müssen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) jeden Arbeitsunfall und jedes Ereignis, das beinahe zu einem Unfall geführt hätte, unverzüglich den zuständigen Vorgesetzten oder den sonst dafür zuständigen Personen melden.
Unterweisung entsprechend ASchG § 14 (6) nach Unfällen oder Ereignissen, die beinahe zu einem Unfall geführt hätten, sofern dies zur Verhütung weiterer Unfälle nützlich erscheint.
Pflichten der Arbeitnehmer ASchG § 15 (5) Arbeitnehmer haben jeden Arbeitsunfall, jedes Ereignis, das beinahe zu einem Unfall geführt hätte, und jede von ihnen festgestellte ernste und unmittelbare Gefahr für Sicherheit oder Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich den zuständigen Vorgesetzten oder den sonst dafür zuständigen Personen zu melden.
Linke Abbildung: Zahlenquelle: Austrian Nearmiss Association. Je nach Quelle schwanken die Angaben zwischen Unfällen, Beinaheunfällen und unsicheren Handlungen, jedoch ist die Grundidee jeweils die gleiche (Prävention als Maßnahme zur Unfallverhinderung).
Wesentlich: Ermittlung der Unfallursache
Nach der Meldung von Beinaheunfällen, unsicheren Handlungen und Zuständen ist ein weiterer wesentlicher Punkt die Ermittlung der Unfallursache.
Wenn aus Unwissenheit, schlampiger, mangelhafter oder falsch ermittelter Unfallursache Maßnahmen abgeleitet werden, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sich wieder Unfälle ereignen, da die Unfallursache nach wie vor besteht. Dies bedeutet, dass Zeit und Geld zur Unfallursachenbeseitigung falsch investiert wurden und Menschen wieder zu Schaden kommen können.
Klassische Instrumente aus dem Qualitätsmanagement zur systematischen Unfalluntersuchung
Im Qualitätsmanagement nach ISO 9001:2008 sind im Kapitel 8.5.2. „Korrekturmaßnahmen“ und im Kapitel 8.5.3. „Vorbeugemaßnahmen“ die wesentlichen Eckpfeiler einer Unfalluntersuchung genannt.
- Bewertung
- Ermittlung der potenziellen oder tatsächlichen Ursache(n) von Unfällen
- Klassische Methoden (5-W-Fragen: Warum? Wieso? Weshalb? usw.)
- Ursache-Wirkungs-Diagramm
- Root Cause Analyses
- Beurteilung des Handlungsbedarfs
- Ermittlung und Verwirklichung der erforderlichen Maßnahmen
- Aufzeichnung der Ergebnisse der ergriffenen Maßnahmen
- Bewertung der ergriffenen Maßnahmen
- Haben die Maßnahmen gegriffen?
- Haben die Maßnahmen etwas Positives bewirkt?
- Ist das Ereignis nicht mehr aufgetreten?
Bsp.:
Ein Mitarbeiter führt über einen längeren Zeitraum Schweißarbeiten auf einer Leiter in 3 m Höhe durch, die Leiter rutscht nach einiger Zeit weg und der Arbeiter stürzt von der Leiter. Bei der Unfalluntersuchung wurde ermittelt, dass die Standsicherheit der Leiter verbessert werden muss. Die ermittelte Ursache ist nur bedingt richtig, da die Hauptursache nicht genannt ist. Eine Leiter ist eine Aufstiegshilfe und kein Ersatz für ein Arbeitspodest bzw. Gerüst. In diesem Fall ist es wichtig, das Bewusstsein der Mitarbeiter bezüglich der Verwendung von Podesten oder Gerüsten zu stärken.