Herausforderungen, rechtliche Anforderungen & praxisnahe Lösungen
Effektives Fremdkörpermanagement in der Lebensmittelproduktion
Die Sicherheit von Lebensmitteln ist ein zentrales Anliegen der gesamten Lebensmittelindustrie. Eine der größten Herausforderungen ist und bleibt dabei die Gefahr von Fremdkörpern. Diese stellt nicht nur ein erhebliches Gesundheitsrisiko für Verbraucher*innen dar, sondern kann auch massive wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen für Unternehmen nach sich ziehen.
Aktuelle Lage und Relevanz des Themas
Wie aktuelle Produktwarnungen der österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) zeigen, ist die Problematik der Fremdkörper nach wie vor allgegenwärtig. Allein im Jahr 2024 wurden in Österreich 13 Meldungen zu Fremdkörperfunden veröffentlicht. Diese Vorfälle erfordern öffentliche Rückrufe betroffener Chargen, die nicht nur schwerwiegende wirtschaftliche Folgen, sondern auch nachhaltige Imageschäden durch einen oft schwer wiedergutzumachenden Vertrauensverlust bei Konsument*innen verursachen können. Besonders problematisch sind hierbei medienwirksame lebensmittelbedingte Krisen, die häufig mit Fremdkörperfunden einhergehen.
Definition und Gefahren von Fremdkörpern
Fremdkörper sind physikalische Verunreinigungen, die unerwünschte Bestandteile in Lebensmitteln darstellen. Sie können potenziell gesundheitsschädlich sein und rechtliche Konsequenzen zur Folge haben. Laut Verordnung (EG) Nr. 178/2002 ist eine Gefahr als ein biologisches, chemisches oder physikalisches Agens definiert, das eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen kann. Die Bedrohlichkeit eines Fremdkörpers hängt von dessen Art, Größe, Beschaffenheit und Form ab. Dennoch fehlen in der Praxis noch Standards zur verlässlichen Beurteilung.
Ein Sonderfall sind produkteigene Bestandteile wie Knochensplitter im Fleisch oder Kirschkerne im Kirschkuchen. Gerichtsurteile, wie etwa jene des Amtsgerichts München (AZ –213 C 26442/14) und des Bundesgerichtshofs (VI ZR 176/08) weisen darauf hin, dass solche Verunreinigungen dem allgemeinen Lebensrisiko zugeordnet werden, sofern das Produkt nicht explizit als frei von diesen Bestandteilen beworben wird.
Rechtliche Anforderungen
Das Produkthaftungsgesetz (BGBl. Nr. 99/1988) regelt die Haftung des Herstellers für Schäden durch fehlerhafte Produkte. Unternehmen haften für gesundheitliche Schäden oder Sachschäden, die durch Fremdkörper verursacht werden. Dies erfordert eine klare Unterscheidung zwischen produkteigenen und nicht produkteigenen Fremdkörpern, um rechtliche Risiken zu minimieren. Darüber hinaus müssen Hersteller gewährleisten, dass ihre Produkte den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 entsprechen und keine Gefahr für Verbraucher*innen darstellen.
Praktische Lösung: Der IFS-Leitfaden
Der IFS (International Featured Standards) hat im März 2023 eine aktualisierte Version seines Leitfadens für ein effektives Fremdkörpermanagement veröffentlicht. Dieser bietet praxisnahe Anleitungen zur Identifikation von Gefahrenquellen und zur Implementierung vorbeugender Maßnahmen.
Wichtige Inhalte des Leitfadens:
1.Gefahrenanalyse:
- Identifikation von Fremdkörperquellen entlang der gesamten Lieferkette und innerhalb des Produktionsprozesses.
- Berücksichtigung von Faktoren wie Mensch, Maschine, Material und Umfeld
2.Lieferantenmanagement:
- Auswahl geeigneter Lieferanten und Bewertung der Wareneingänge.
- Überwachung der Rohstoffe auf potenzielle Verunreinigungen.
3.Technische Lösungen:
- Einsatz von Sieben, Magneten, Metallsuchsystemen und Röntgeninspektionssystemen.
- Optische Kontrollen durch geschultes Personal.
4.Umgang mit Fremdkörperfunden:
- Dokumentation und Analyse von Vorfällen.
- Entwicklung eines Reklamationsmanagements zur kontinuierlichen Verbesserung.
5.Schulungen und Trainings:
- Sensibilisierung der Mitarbeitenden für das Thema Fremdkörpermanagement.
- Regelmäßige Trainings zur Stärkung des Bewusstseins und der Qualitätssicherung.
Der Leitfaden hebt hervor, dass ein effektives Fremdkörpermanagement keine universellen Lösungen erfordert, sondern individuell auf die Bedürfnisse jedes Unternehmens abgestimmt sein sollte. Ziel ist es, die Gefahr von Fremdkörperkontaminationen möglichst bereits im Vorfeld zu vermeiden.
Fazit
Ein effizientes Fremdkörpermanagement ist essenziell, um Lebensmittelsicherheit und Verbraucher*innenvertrauen zu gewährleisten. Dies erfordert ein ganzheitliches Vorgehen, das präventive Maßnahmen, den Einsatz moderner Technologien und die Zusammenarbeit aller Akteure entlang der Lieferkette einschließt. Durch kontinuierliche Überwachung und Optimierung können Risiken minimiert und die Qualität sowie Sicherheit von Lebensmitteln nachhaltig gesichert werden. Unternehmen, die proaktiv handeln, sichern nicht nur ihre Marktposition, sondern leisten auch einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Verbraucher*innen.
Der IFS-Leitfaden stellt dabei ein wertvolles Werkzeug dar, das Unternehmen unterstützt, ihre Prozesse anzupassen und effektive Lösungen zu implementieren. Weitere Informationen und der kostenfreie Download des Leitfadens sind auf der offiziellen Website des IFS verfügbar.
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