Food Fraud – Unsichtbare Gefahr mit weitreichenden Konsequenzen
Food Fraud oder „Economically Motivated Adulteration“ (EMA) hat sich in den letzten Jahren zu einer wachsenden Herausforderung in der Lebensmittelindustrie entwickelt. Der Jahresbericht 2023 des ACN (Alert and Cooperation Network) der EU zeigt eine alarmierende Tendenz: Mit 758 gemeldeten Fällen wurden so viele Vorfälle wie nie zuvor dokumentiert. Die Dunkelziffer wird jedoch weitaus höher eingeschätzt; denn wer Lebensmittelbetrug begeht, führt diesen mit Bedacht aus, wodurch die Verfälschung nicht oder nur mit hohem Aufwand erkennbar ist.
Was versteht man unter Food Fraud?
Food Fraud bezeichnet die absichtliche Verfälschung von Lebensmitteln aus wirtschaftlichen Motiven heraus. Während Food Defense darauf abzielt, jemandem durch eine absichtliche Kontamination Schaden zuzufügen, steht bei Food Fraud der finanzielle Vorteil der tätigen Personen im Vordergrund. Die Methoden reichen von Falschdeklaration und Streckung von Produkten bis hin zur bewussten Manipulation der Produktzusammensetzung. Beispiele aus der Praxis zeigen, wie vielfältig diese Verfälschungen sein können:
- Konventionelle Eier werden als Bio-Eier verkauft.
- Zuchtlachs wird als teurer Wildlachs deklariert.
- Gestrecktes Olivenöl wird als „natives Olivenöl extra“ ausgegeben.
- Pferdefleisch wird als hochwertiges Rindfleisch angeboten.
Die wachsende Bedrohung
Der wirtschaftliche Schaden durch Food Fraud ist enorm und betrifft die gesamte Lieferkette. Neben finanziellen Verlusten birgt Lebensmittelbetrug mitunter auch Risiken für die Gesundheit der Verbraucher*innen und das Vertrauen in die Lebensmittelindustrie. Die zunehmende Globalisierung der Lieferketten, kombiniert mit einem hohen Preisdruck, schafft ideale Bedingungen für betrügerische Machenschaften. Gleichzeitig machen es technologische Fortschritte in der Lebensmittelverarbeitung immer schwieriger, Manipulationen aufzudecken.
Die Europäische Kommission hat 2023 deutliche Fortschritte bei der Erfassung und Bekämpfung von Food Fraud erzielt. Dennoch sind 758 dokumentierte Fälle nur die Spitze des Eisbergs. Viele Verfälschungen bleiben unentdeckt, da sie oft so raffiniert durchgeführt werden, dass sie nur mit einem großen technischen und finanziellen Aufwand identifizierbar sind.
Strategien zur Bekämpfung von Food Fraud
Um Food Fraud wirksam zu bekämpfen, bedarf es einer Kombination aus gesetzlicher Regulierung, gezielter Überwachung und betrieblichem Engagement. Unternehmen können entscheidende Schritte unternehmen, um ihre Lieferketten vor Manipulationen zu schützen. Dabei spielen Verwundbarkeitsanalysen (Vulnerability Assessments) eine zentrale Rolle. Diese helfen, Schwachstellen in der Lieferkette zu identifizieren und geeignete Präventionsmaßnahmen zu ergreifen.
Wichtige Elemente einer erfolgreichen Strategie sind:
- Risikobasierte Verwundbarkeitsanalyse: Unternehmen sollten systematisch Schwachstellen in ihren Lieferketten untersuchen und potenzielle Risiken bewerten.
- Engmaschige Überprüfung der Lieferanten: Durch strikte Auswahlverfahren und kontinuierliche Überwachung der Lieferanten lassen sich Risiken minimieren.
- Einsatz moderner Analysemethoden: Technologische Lösungen wie DNA-Analysen oder Spektralanalysen ermöglichen es, Lebensmittel-Manipulationen aufzudecken.
- Mitarbeiterschulungen: Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden im Umgang mit potenziellen Betrugsrisiken sind essenziell.
Erfüllung gesetzlicher Vorgaben und Zertifizierungsstandards: Die Einhaltung von Standards wie IFS Food oder BRC Global Standard for Food Safety bietet eine solide Grundlage zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug.
Die Rolle der Behörden
Behörden spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen Food Fraud, indem sie sowohl die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sicherstellen als auch innovative Ansätze zur Prävention und Aufklärung entwickeln. Angesichts der zunehmenden Globalisierung der Lebensmittelversorgungskette und der immer raffinierteren Betrugspraktiken setzen die zuständigen Stellen verstärkt auf internationale Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen.
Eine der zentralen Plattformen, die diesen Datenaustausch ermöglicht, ist das Alert and Cooperation Network (ACN). Dieses Netzwerk wird von der Europäischen Kommission verwaltet und durch das IT-System iRASFF unterstützt, das als Kommunikationskanal für die Mitglieder dient. Die Plattform ermöglicht den schnellen und präzisen Austausch von Informationen über potenziell risikobehaftete Lebensmittel oder betrügerische Praktiken.
Module des ACN und ihre Funktionen
Das ACN umfasst verschiedene spezialisierte Module, die je nach Sachverhalt und Art des Vorfalls eingesetzt werden können:
- Rapid Alert System for Food and Feed (RASFF):
Dieses Modul wird genutzt, wenn ein ernsthaftes Risiko für die öffentliche Gesundheit festgestellt wird und rasches Handeln erforderlich ist. Es ermöglicht die schnelle Warnung und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, um potenziell nicht sichere Produkte rasch vom Markt zu nehmen. - Administrative Assistance and Cooperation Network (AAC):
Das AAC dient der Zusammenarbeit bei Fällen von Nichtkonformitäten, die keine unmittelbare Gesundheitsgefahr darstellen. Behörden können Informationen über problematische Produkte austauschen, um angemessene Maßnahmen einzuleiten. - EU Agri-Food Fraud Network (FFN):
Das FFN ist speziell auf die Bekämpfung von Lebensmittelbetrug ausgerichtet. Es ermöglicht die Identifikation, Meldung und Untersuchung von Fällen, bei denen absichtlich Verfälschungen oder Falschdeklarationen angewandt werden, um Verbraucher*innen zu täuschen und wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. - Plant Health Network (PHN):
Dieses Netzwerk widmet sich Themen im Zusammenhang mit Pflanzengesundheit und dem Schutz vor Pflanzenschädlingen. Es hilft dabei, betroffene Produkte zu identifizieren und die Ausbreitung von Schädlingen zu verhindern. - Animal Welfare Network und Pet Animals Network:
Diese Module ermöglichen den Austausch von Informationen über Verstöße gegen Tierschutzvorschriften sowie den illegalen Handel mit Heimtieren.
FAZIT: Effiziente Aufklärung und Prävention
Die Möglichkeit, Informationen in Echtzeit zu teilen, erleichtert den Mitgliedstaaten eine koordinierte Reaktion auf Food Fraud. Verdachtsfälle können schneller aufgeklärt, gefälschte Produkte identifiziert und unsichere Lebensmittel vom Markt genommen werden. Zudem trägt die Zusammenarbeit dazu bei, systematische Schwachstellen in der Lieferkette zu erkennen und langfristige Maßnahmen zur Betrugsprävention zu entwickeln.
Darüber hinaus stellen die Behörden sicher, dass auch Länder außerhalb der EU eingebunden werden. Bei Verdachtsfällen mit Ursprung in Drittstaaten werden diese Länder über iRASFF informiert, sodass sie eigene Ermittlungen einleiten und Maßnahmen ergreifen können, um die Ausfuhr nicht konformer Produkte zu stoppen.
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