13. Nov 2013

Integrierte Managementsysteme

Beauftragte versus verantwortlich Beauftragte

Es gibt zahlreiche rechtliche Vorschriften und Standards (Gesetze, Verordnungen, Bescheide, Normen), in denen Beauftragte für verschiedenste Bereiche (Umweltschutz, ArbeitnehmerInnenschutz und auch im Qualitätsbereich) vorgeschrieben werden, die vom Unternehmer auch den zuständigen Behörden zum Teil namhaft gemacht werden müssen.

Beauftragte im Betrieb sind meist innerbetriebliche Organe, die aufgrund eines Rechtsverhältnisses zum Arbeitgeber/Unternehmer für diesen bei eigenverantwortlichen Aufgaben mitwirkt. Sieht das jeweilige Rechtsvorschrift nicht ausdrücklich vor, dass es sich beim Beauftragten um einen abhängigen beschäftigten Arbeitsnehmer handeln muss, kann auch eine geeignete und qualifizierte externe Person bestellt werden.

In jedem Unternehmen ist eine Vielzahl von Rechtsvorschriften zu beachten deren Übertretung mit Verwaltungsstrafe bedroht ist. Zu sogenannten „verantwortlichen Beauftragten“ (§ 9 Verwaltungsstrafgesetz) gibt es Sonderbestimmungen betreffend die Zustimmung des Beauftragten, die Meldung an die Behörde, die Haftung des Beauftragten sowie die damit verbundenen Strafbestimmungen.

Das Verwaltungsstrafrecht ist jener Teil des Strafrechts, der nicht von den Gerichten, sondern den Verwaltungsbehörden vollzogen wird.

Wen trifft nun konkret die strafrechtliche Verantwortung?

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften sind im § 9 VStG (Verwaltungsstrafgesetz) festgelegt:

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

 

Erkenntnisse

  • In den Betrieben herrscht zum Teil die Meinung vor, dass durch die große Anzahl von Beauftragten eine Überreglementierung vorherrscht  und die Betriebe dadurch nur belastet werden.
  • Bei den „fachlich“ Beauftragten steht die Qualifikation im Vordergrund.
  • Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (§ 1. (1) VStG).
  • Handelt es sich beim Unternehmer um eine natürliche Person (z.B. Inhaber eines Ingenieurbüros), so trifft diese Person auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung.
  • Nach § 9 VStG sind für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen (z.B. eine GmbH, AG, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eigetragene Erwerbsgesellschaften) jene Personen strafrechtlich verantwortlich, die zur Vertretung nach außen berufen sind (z.B. handelsrechtliche Geschäftsführer, Vorstände, usw.).
  • Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so trifft die Verantwortung jeden von ihnen, sodass für ein und dieselbe Verwaltungsübertretung jeder von ihnen – auch nebeneinander – bestraft werden kann.
  • Nicht verantwortlich sind hingegen Prokuristen oder sonstige Bevollmächtigte, es sei denn, dass sie verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung ausdrücklich übernommen haben.
  • Diese grundsätzliche Regel über die strafrechtliche Verantwortlichkeit gilt für das gesamte Verwaltungsstrafrecht jedoch nur insoweit, als spezielle Vorschriften nichts anderes bestimmen (z.B. Bestimmungen der Gewerbeordnung – die strafrechtliche Verantwortlichkeit liegt beim gewerberechtlichen Geschäftsführerer. Der handelsrechtliche Geschäftsführer ist aber dann zur Verantwortung zu ziehen, wenn zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt war).

 

Gestaltungsmöglichkeiten

  • Die weitreichende verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der vertretungsbefugten Organe führt für diese vielfach zu unsachlichen, unzweckmäßigen und nicht wünschenswerten Ergebnissen. Weil sie je nach Größe des Unternehmens für eine Vielzahl von Übertretungen verantwortlich gemacht werden können. Dabei hat oftmals die strafrechtliche Verantwortlichkeit mit dem strafbaren Verhalten selbst gar nichts zu tun, weil etwa das verantwortliche Organ nicht einmal die Möglichkeit hat, von einem bestimmten Geschehen, an das eine Verwaltungsstrafe geknüpft ist, überhaupt nur Kenntnis zu erlangen.
  • Das Verwaltungsstrafgesetz bietet die Möglichkeit, die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung zu delegieren und auf die führenden Kräfte im Unternehmen zu verteilen.
  • Dadurch können die Organe einer Gesellschaft oder aber auch der Unternehmer selbst von ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung entlastet werden (in der Praxis wird davon kaum Gebrauch gemacht).
  • Das Gesetz sieht folgende Möglichkeiten vor:
    • Sofern eine Gesellschaft bzw. ein Unternehmen über mehrere zur Vertretung nach außen berufene Personen verfügt (z.B. mehrere Geschäftsführer), besteht zunächst die Möglichkeit, aus dem Kreis der vertretungsbefugten Personen eine oder mehrere Personen als verantwortlich Beauftragte zu bestellen (entweder für das gesamte Unternehmen oder auf bestimmte räumliche bzw. sachlich abgegrenzte Unternehmensbereiche).
    • Neben den zur Vertretung nach außen Befugten können aber auch andere Personen (z.B. Dienstnehmer) als verantwortlich Beauftragte bestellt werden (Achtung: rechtswirksame Bestellung). Die bloße Übertragung von Aufgaben reicht nicht aus, es muss vielmehr ausdrücklich die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übertragen werden.
  • Spezielle Regelungen: In einzelnen Spezialbestimmungen werden die Regeln über die Bestellung eines verantwortlich Beauftragten präzisiert:
    • § 23 Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG)
    • § 28 Ausländerbeschäftigungsgesetz
    • Der gewerberechtliche Geschäftsführer nach Gewerbeordnung

Folgerungen

  • Die Bestellung muss für einen klar abgegrenzten Bereich erfolgen. Bei Bestellung für einen räumlichen Bereich, z.B. eine oder mehrere bestimmte Betriebsstätten, für eine oder mehrere Baustellen etc., sind die betreffenden Betriebsstätten, Baustellen etc. konkret anzugeben. Wenn die Festlegung nicht eindeutig ist, liegt nach der Judikatur keine wirksame Bestellung vor.
  • Die Bestellung muss bei juristischen Personen (z.B. GmbH, AG) durch die zur Vertretung nach außen berufenen Organe erfolgen (z.B. handelsrechtlicher Geschäftsführer, Vorstand).
  • Die Bestellung (z.B. nach § 23 ArbIG) wird erst mit Einlangen der Mitteilung im zuständigen Arbeitsinspektorat wirksam. Rückwirkende Bestellungen sind nicht möglich.
  • Die Bestellung von neuen verantwortlichen Beauftragten bewirkt noch nicht, dass die bisherigen Bestellungen unwirksam werden. Werden mehrere Personen für den selben Bereich bestellt, ist die Bestellung nach der Judikatur unwirksam.
  • Die rechtswirksame Bestellung eines verantwortlich Beauftragten entbindet den Unternehmer bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen grundsätzlich von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung, es sei denn er würde eine Übertretung vorsätzlich nicht verhindern.
  • Für den verantwortlichen Beauftragten ergibt sich durch seine Bestellung naturgemäß das Risiko, dass er im Falle einer Übertretung der Verfolgung ausgesetzt ist, der er (als Arbeitnehmer) ohne seiner Bestellung nicht ausgesetzt wäre.
  • Des Weiteren gibt es im Verwaltungsrecht eine große Zahl von sonstigen Regelungen über „Beauftragte“. Diese Regelungen beinhalten meist keine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit. Falls eine derartige Übertragung der Verantwortlichkeit gewünscht wird, muss sie eigens begründet werden. In manchen Fällen ist jedoch die Möglichkeit der Übertragung der Verantwortlichkeit ausdrücklich ausgeschlossen (z.B. darf dem Abfallbeauftragten nach Abfallwirtschaftsgesetz keine Verantwortlichkeit für die Einhaltung von abfallrechtlichen Vorschriften übertragen werden).
  • Hinsichtlich der Frage, ob den Geschäftsführer ein Verschulden trifft (bei z.B. Unfällen) hat sich das Konzept des „wirksamen Kontrollsystems“ (Judikatur VwGH) entwickelt. Ein Kontrollsystem muss so gestaltet sein, dass es unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen muss. Der Geschäftsführer muss im Übrigen auch darlegen, wie das Kontrollsystem funktioniert (z.B. wie und wann Kontrollen durchgeführt werden, Darlegung der Erfüllung der relevanten Rechtsvorschriften, jederzeitige Kontrolle des Ablaufs von unternehmensinternen Prozessen, usw.).

 

Der Nutzen Integrierter Managementsysteme

Unter Integrierten Managementsystemen werden Kombinationen auf Basis von ISO 9001, ISO 14001, EMAS-VO bzw. OHSAS 18001 (jeweils und/oder) verstanden. Der Schwerpunkt bei dieser konkreten Betrachtung liegt im Schaffen von Rechtssicherheit für Führungskräfte.

  • Es werden rechtliche Verpflichtungen und in diesem Zusammenhang auch Strafbestimmungen systematisch ermittelt.
  • Die verantwortlichen Organe sind sich der strafrechtlichen Verantwortung somit meist auch bewusst.
  • Die Ermittlung der relevanten Verpflichtungen aus Vorschriften und die Beachtung dieser im Betrieb bis hin zur regelmäßigen Bewertung auf Erfüllung der Vorschriften (im Sinne eines Rechtsmanagementsystems) sind ein wichtiger Ansatz in jedem Managementsystem.
  • Verantwortlichkeiten und Aufgaben werden festgelegt.
  • Dabei wird auf die Unterscheidung  zwischen verantwortlich Beauftragte (strafrechtlich ausschlaggebend) und Beauftragte (hier sollte man von Funktionen und Zuständigkeiten sprechen) geachtet.
  • Auf erforderliche Qualifikationen bzw. Meldepflichten wird geachtet.
  • Die Rechtswirksamkeit von Bestellungen wird hinterfragt.
  • Managementsysteme können bei der Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems helfen (vor allem den verantwortlich Beauftragten).
  • Rechtsklarheit bringt Rechtskonformität und somit Rechtssicherheit für das Management

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