27. Juli 2018

Die Haftung des GmbH Geschäftsführers

Das Thema der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung sollte Bestandteil des risikobasierten Denkens von Geschäftsführern sein. Managementsysteme können Geschäftsführer bei einer diesbezüglichen Risikominimierung unterstützen.

Zu den Begrifflichkeiten

Geschäftsführung
Geschäftsführung ist die gesamte unternehmerische Planung und Leitung der Gesellschaft, inklusive Buchführung und Rechnungslegung. Die Geschäftsführung umfasst auch die Vertretung nach außen. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, haften diese grundsätzlich solidarisch für die Einhaltung ihrer Pflichten.

Haftung
Rechtlich gesehen bedeutet Haftung allgemein, dass jemand die Verantwortung für ein bestimmtes Handeln oder Unterlassen übernimmt und eine Rechtsfolge daran geknüpft ist.

 

Rechtsgrundlage für die verwaltungsstrafrechtliche Haftung

Die Rechtsgrundlage ist das Verwaltungsstrafgesetz (Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG). Ganz konkret die Strafbestimmungen in den entsprechenden Materiengesetzen (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, Wasserrechtsgesetz, Abfallwirtschaftsgesetz, Produkthaftungsgesetz, usw.).

Welche Paragrafen sind für das Verständnis besonders wichtig?

Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit

§ 1. (1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
[..]

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
[..]

(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

 

Haftung der Geschäftsführer für strafbare Handlungen

Werden im Zuge des Betriebes strafbare Handlungen begangen, haften grundsätzlich dafür die Geschäftsführer, sofern keine wirksame Delegierung der Verantwortung erfolgte. Strafen können gegen sämtliche Geschäftsführer auch für ein und dasselbe Delikt jeweils verhängt werden. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist meist die zuständige Behörde.

Neben der Delegierungsmöglichkeit (siehe § 9 (2) VStG) gibt es einige Sondervorschriften, für die Geschäftsführer nicht haften. So haftet etwa für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften der Gewerbebehörde gegenüber der sogenannte „gewerberechtliche Geschäftsführer“ (§ 39 GewO 1994). Ist dieser nicht (mehr) vorhanden, dann haftet wieder der handelsrechtliche Geschäftsführer.

Da die Verhängung von Strafen auch zur zivilrechtlichen Schadenersatzhaftung führen kann, wenn die übertretenen Normen (z.B. Gesetze) den Zweck hatten, diese Schäden zu verhindern, müssen Geschäftsführer die Möglichkeit der Delegation sorgfältig prüfen und gegebenenfalls auch entsprechende verantwortliche Beauftragte bestellen.

Auch wenn keine formale Bestellung eines Beauftragten iSd § 9 VStG erfolgte, macht sich der Geschäftsführer mangels Schuld im Verwaltungsstrafrecht nicht strafbar, wenn er seine Aufgaben geeigneten Personen überträgt, diese laufend (auch persönlich) kontrolliert (Anmerkung: wirksames Kontrollsystem), sie sorgfältig ausgewählt hat, für entsprechende Schulungen usw. sorgt und dies gegebenenfalls auch nachweisen kann.

Eine Vereinbarung zwischen GmbH und Geschäftsführer, diesem allfällige Strafen zu ersetzen, ist wegen Sittenwidrigkeit unwirksam.

 

Erkenntnisse

Organisations- und Aufsichtsverantwortliche wissen über mögliche Sanktionen bei „Normübertretungen“ oft nicht Bescheid (Verwaltungsstrafrecht, gerichtliches Strafrecht)
Die Strafgründe (Verstoß gegen Strafbestimmungen aus dem jeweiligen Rechtsgebiet) sind meist nicht bekannt.
Wer (verwaltungs)strafrechtlich verantwortlich, ist eher nicht bekannt (verantwortlich Beauftragte, Vertretung nach außen befugt).
WIE und an WEN verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung delegiert werden kann, ist nicht immer bekannt (Formalakt ist zu berücksichtigen, Achtung: an Abfallbeauftragten darf z. B. Verantwortlichkeit nicht delegiert werden – AWG § 11 (4)).
Die erforderliche Kompetenz zur Bewertung auf Erfüllung der relevanten Rechtsvorschriften wird in der Organisation nicht bestimmt (intern, für Auftragnehmer – neue Forderung in der ISO 14001:2015).

 

Mögliche Lösungsansätze

  • Erweiterung des bestehenden „Compliance Systems“ um das Thema der Strafbestimmungen (Relevanzbewertung und Ableitung von Maßnahmen)
  • Nicht Delegation von „Verantwortung“ soll im Vordergrund stehen sondern „Führung“ (Achtung: geänderte Anforderung aus den Normenrevisionen)
  • Aufbau von Kontroll- und Informationsmanagementsystemen (aufgrund welcher Informationen werden Entscheidungen getroffen)
  • Kompetenzaufbau für Personen die die Bewertung auf Erfüllung der rechtlichen Anforderungen durchführen
    (Achtung: Normenforderung ISO 14001:2015)
  • Berücksichtigung von Strafbestimmungen bei den jährlichen „Compliance-Berichten - Überprüfungsberichten“

 

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