IFS Food Leitfaden Fremdkörpermanagement
Fremdkörper (engl. foreign matter) spielen in der Lebensmittelherstellung als Kontaminanten eine große Rolle. Sie können gefährlich oder ungefährlich sein und umfassen Verunreinigungen z.B. durch Steine, Holz, Metall, Glas oder Plastikstücke.
Doch was genau ist ein Fremdkörper?
Rechtlich gesehen gibt es keine einheitliche Definition für diesen Begriff, wenngleich klar ist, dass splitternde und feste Stoffe, die als Fremdbestandteile, d.h. nicht produkteigene Bestandteile, in ein Lebensmittel gelangen, eine Gefahr darstellen können. Eine Gefahr ist gemäß Art. 3 Z 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 „ein biologisches, chemisches oder physikalisches Agens in einem Lebensmittel oder Futtermittel oder ein Zustand in einem Lebensmittel oder Futtermitteln, der eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen kann.“ Folglich gehören Fremdkörper zu den physikalischen Gefahren, die im Rahmen von HACCP einer näheren Betrachtung und Bewertung unterzogen werden müssen.
Gemäß Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 178/2002 dürfen Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in Verkehr gebracht werden. Ein Lebensmittel gilt dann als nicht sicher iSd Verordnung, wenn davon auszugehen ist, dass es gesundheitsschädlich ist und/oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist.
Die Beurteilung einer möglichen Gesundheitsgefährdung wird abhängig sein von Art, Größe, Beschaffenheit/Festigkeit und Form eines Fremdkörpers. Doch auch hierzu gibt es keine verlässlichen Angaben, die als Beurteilungsgrundlage in der Praxis herangezogen werden können.
Was ist Faktum?
Feststeht jedoch, dass auch im § 1 Abs. 1 Produkthaftungsgesetz BGBl. Nr. 99/1988 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 98/2001 klar und unmissverständlich verankert ist, dass der Unternehmer, der ein Produkt hergestellt und in Verkehr gebracht hat, für den Ersatz des Schadens haftet, wenn durch den Fehler eines Produkts ein Mensch getötet, am Körper verletzt oder an der Gesundheit geschädigt oder eine von dem Produkt verschiedene körperliche Sache beschädigt wurde.
Gerade in Hinblick auf die Frage der Haftung gilt es jedoch zwischen Fremdkörpern, die nicht produkteigen und Fremdkörpern, die produkteigen sind und im englischen Sprachgebrauch als „extraneous matter“ bezeichnet werden, zu unterscheiden. Zu letzteren zählen z.B. verholzende Pflanzenteile/Stängel bei Majoran, Kirschkerne in einem Kirschenkompott oder Knochensplitter im Schweinerückensteak.
Die Beurteilung der Gesundheitsschädlichkeit in Zusammenhang mit produkteigenen Verunreinigungen verhält sich - wie das Urteil des Amtgerichts München Urteil vom 12.02.2015, AZ –213 C 26442/14 oder das Urteil BGH VI ZR 176/08 vom 17.03.2009 zeigen – anders. Im ersten Fall klagte ein Verbraucher nach dem Verzehr eines Fleischstückes, in dem ein kleines Knochenstück enthalten war, weil ihm die Zahnbrücke beim Verzehr des Fleischstückes brach. Im zweiten Fall biss ein Verbraucher auf einen Kirschkern, das sich in einem Kuchen mit Kirschfüllung befunden hatte. Beide Klagen wurden abgewiesen. So hält das Gericht im Urteil vom 12.02.2015, AZ –213 C 26442/ fest, dass berechtigter Weise erwartet werden kann, dass sich jeder durchschnittlich gebildete Mensch bewusst ist, dass es sich bei Fleisch um ein tierisches Produkt handelt, von dem nicht erwartet werden kann, dass es generell keine Knochenteile enthält.
Anders wäre der Sachverhalt zu beurteilen gewesen, wenn das Produkt als explizit „knochenfrei“ angepriesen worden wäre. Produkteigene Fremdkörper wie Knochensplitter in einem Schweinerückensteak oder Kirschkerne in Kirschkuchen werden der Rechtsprechung folgend dem allgemeinen Lebensrisiko zugeordnet.
Nichtdestotrotz sind Lebensmittelhersteller aufgefordert, ihrer Sorgfaltspflicht Rechnung zu tragen und Maßnahmen der Fremdkörperdetektion bzw. -eliminierung in ihre Produktionsprozesse zu integrieren.
IFS Fremdkörperleitfaden
Auch der IFS hat nun einen Leitfaden mit dem Titel „IFS Fremdkörperleitfaden“ veröffentlicht. Zielsetzung dieses Leitfadens ist es, Anleitungen zur Implementierung eines effektiven Fremdkörpermanagements aus Sicht des IFS zu geben. Oberste Priorität gilt dabei der Gewährleistung, dass Lebensmittel so sicher wie möglich hergestellt und Verbrauchererwartungen erfüllt werden. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass es nicht Ziel ist, den Einsatz technischer Hilfsmittel oder Detektoren vorzuschreiben, vielmehr soll es gelingen, dass jedes Unternehmen dahingehend unterstützt wird, ein möglichst effektives und individuell passendes Fremdkörpermanagement zu implementieren. Mit dem IFS Leitfaden wird beabsichtigt, Anregungen und Lösungsvorschläge aufzuzeigen, die in erster Linie darauf abzielen, das Vorkommen von Fremdkörpern bereits im Vorfeld zu vermeiden und das Bewusstsein für potentielle Quellen von Kontaminationen zu schärfen.
Es wird zunächst die Bedeutung der Gefahrenanalyse zum Fremdkörpermanagement praxisnah erläutert. Dabei werden unterschiedliche Gefahrenquellen wie z.B. der Faktor Mensch, der Faktor Maschine, der Faktor Material oder Gefahrenquellen resultierend aus Umfeld dargestellt. Ein weiteres Kapitel setzt sich mit der Problematik des Fremdkörpereintrages über Rohstoffe auseinander und vermittelt, was bei Lieferantenauswahl, Wareneingang und Lieferantenbewertung zu berücksichtigen ist.
Neben Möglichkeiten der Fremdkörperdetektion, die optische Kontrollen durch das Personal, Siebe und Magnete aber auch Metallsuchsysteme und Röntgeninspektionssysteme umfassen, werden auch der Umgang mit Fremdkörperfunden und Reklamationen sowie Anregungen zur Durchführung effizienter Trainings beschrieben und mit Tipps für die praktische Umsetzung untermauert.
Der Leitfaden steht kostenpflichtig auf der Homepage des IFS zum Download bereit.