01. Jun 2015

ISO 9001 Revision einfach erklärt

Wissen der Organisation

Gespannt wartet die internationale ISO 9001 Community auf die Veröffentlichung der FDIS der ISO 9001:2015. Die redigierten Texte liegen schon bei den Übersetzern, so dass einer Veröffentlichung im Juli nichts im Wege stehen sollte. Für Organisationen, welche im Herbst schon auf den neuen Standard umsteigen, geht dann die intensive Arbeitsphase los: in welchen Bereichen ist das derzeitige Vorgehen normkonform, wo bestehen noch Defizite. Quality Austria bietet zu Ihrer Unterstützung „Statusbewertungen der Umsetzung der ISO 9001:2015“ an. Dabei werden die neuen Anforderungen kompakt begutachtet und die Bereiche, in denen noch weitere Anstrengungen erforderlich sind, identifiziert. Für alle, die ohne Stress den Übergang zur neuen Norm bewältigen möchten, eine ideale Form der Vorbereitung.

Quality Austria bietet in einer Reihe von Fachbeiträgen Informationen zur Revision der ISO 9001:2015. Jeden Monat wird ein Kernkonzept der Revision vertiefend erläutert. Diesen Monat erläutert Dr. Werner Schachner die Anforderungen zum Thema „Wissen der Organisation“.

Wissen in der ISO 9001

Dr. Werner Schachner

 

Die hohe Geschwindigkeit, Dynamik und Komplexität der heutigen Geschäftswelt lässt Wissen zunehmend zum zentralen Wettbewerbsfaktor für Organisationen werden. Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung der ISO 9001 wieder. Erstmalig wird zur Normerfüllung nach ISO 9001:2015 ein entsprechender Umgang mit Wissen explizit gefordert. Diese Forderung ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich der stattfindende Wandel unserer wirtschaftlichen und sozialen Umwelt hin zu einer Wissenswirtschaft zunehmend auch in den Verhaltensweisen, Regeln und nun auch Normen von Organisationen niederschlägt.

Die Anforderungen der ISO 9001 an den Umgang mit Wissen beziehen sich konkret auf das „Wissen der Organisation“. Laut Normentext handelt es sich dabei um jenes Wissen, welches für eine entsprechende Durchführung der Prozesse der Organisation sowie für die Sicherstellung der Konformität der Produkte und Dienstleistungen der Organisation notwendig ist.

Laut ISO 9001 wird ein entsprechender Umgang mit Wissen nicht nur zu einem bestimmten Zeitpunkt gefordert, sondern insbesondere auch über die Zeit hinweg. Organisationen müssen sich im zeitlichen Verlauf ändernde Erfordernisse und Trends berücksichtigen und darauf im Umgang mit dem Wissen der Organisation entsprechend reagieren.

Die Anforderungen

Von der Norm wird nicht die Einführung eines umfassenden Wissensmanagements als eigenständige Managementdisziplin gefordert. Der Vergleich der konkreten Anforderungen der neuen ISO an den Umgang mit Wissen mit dem in der Praxis weit verbreiteten Modell der Wissensbausteine nach Probst zeigt jedoch klar, dass die Anforderungen der Norm einen Großteil der Elemente eines umfassenden Wissensmanagements abdecken:

 

Die Anforderungen zur Bestimmung des nötigen Wissens sowie zur Bestimmung des Wissensbestandes lassen sich eindeutig dem Wissensbaustein der Wissensidentifikation von Probst sowie in zweiteren Falle teilweise auch dem Wissensbaustein der Wissensbewertung zuordnen. Diese Anforderungen beziehen sich in Kern auf die Fragen „Welches Wissen wird in/von der Organisation benötigt?“ und „Welches Wissen ist in der Organisation vorhanden und/oder der Organisation zugänglich?“.

Das Organisationen laut ISO künftig in der Lage sein müssen, Wissenslücken zu schließen, deckt sich mit den Inhalten der Probst-Wissensbausteine Wissenserwerb und Wissensentwicklung. Zur Erfüllung dieser Anforderung müssen Organisationen unter anderem folgende Fragen beantworten können: „Wie wird das in der Organisation vorhandene Wissen auf- und ausgebaut?“ und „Welches intern nicht vorhandene, nötige Wissen wird wie und wo von extern bezogen?“.

Die Anforderung der Wissensvermittlung in ausreichendem Maße spricht inhaltlich klar den Probst-Wissensbaustein Wissensverteilung an. Die Frage „Wie bringen ich das nötige Wissen zur richtigen Zeit an die richtige Stelle?“ steht dabei im Vordergrund.

Die Erfüllung der Anforderung nach Aufrechterhaltung des Wissens, welche sich auf den Probst-Wissensbaustein Wissensbewahrung bezieht, erfordert die Beantwortung von Fragen wie „Wie kann ich das Wissen der Organisation bestmöglich speichern?“, „Wie kann ich Wissensverluste verhindern?“ oder auch „Wie kann ich den Wissensbestand der Organisation aktuell halten?“.

Mit Blick auf die obigen Ausführungen sind es lediglich drei Bausteine des Wissensmanagements nach Probst, welche in Kapitel 7.1.6 der ISO 9001 nicht oder nur ansatzweise adressiert werden: WissenszieleWissensbewertung und Wissensnutzung.

Werden auch das Setzen von Wissenszielen sowie die Wissensnutzung in der ISO 9001 nicht explizit als Anforderungen genannt, so sind für einen erfolgreichen Umgang mit Wissen Maßnahmen zu beiden Themen zwingend nötig. Ohne Wissensziele sind weder eine klare Ausrichtung noch eine Erfolgsmessung im Umgang mit Wissen möglich. Selbiges gilt auch für die Thematik der Wissensnutzung: Ohne gezielter Wissensnutzung würde ein systematischer Umgang mit Wissen seinen eigentlichen Zweck gänzlich verfehlen.

 

Die Umsetzung

Wer sich künftig den Anforderungen der ISO an einen entsprechenden Umgang mit dem Wissen der Organisation stellt, der sollte dieses Vorhaben weder als einmalige Maßnahme noch als Projekt anlegen: Das Management von Wissen ist als eigenständige Managementdisziplin zu verstehen. Als Disziplin, die wesentlicher Enabler und zentrales „Werkzeug“ für sämtliche anderen Managementdisziplinen in einer Organisation ist.

Die zentrale Erfolgsvoraussetzung im Umgang mit Wissen ist, wie auch in jeder anderen Managementdisziplin, eine detaillierte Planung und eine systematische Vorgehensweise. Für die konkrete Umsetzung der Pläne stehen eine große Anzahl verschiedener (und häufig bereits im Einsatz befindlicher) Methoden und Instrumente zur Verfügung: Wissenslandkarten, Wissensquellen- oder Wissensträgerkarten, Knowledge Café, Informationsfluss-Analyse, Wissensportfolio, Mikro Artikel, Project-Debriefing, Lessons Learned, Wissensplattformen, Semantische Softwaresysteme uvm.

Die große Kunst im erfolgreichen Umgang mit Wissen liegt in der Auswahl jener Wissensmanagement-Methoden und -Instrumenten, welche der jeweiligen Situation und den speziellen Bedarf am besten entsprechen. Intransparenz bzgl. des Wissens einer Organisation, offensichtlich fehlendes Wissen, ein zu hoher Anteil an implizitem Wissen, inaktuelles Wissen, eine zu geringe Verteilung von Wissen in einer Organisation etc. können Auslöser für die Notwendigkeit von Wissensmanagement-Maßnahmen sein. Je nach zentralem Auslöser und dem damit verbundenen Bedarf sind jeweils andere Wissensmanagement-Methoden und -Instrumente zur Bedarfsdeckung geeignet.

Autor

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