06. Apr 2020

Wertschöpfungsübergreifende Zusammenarbeit als Schlüssel

Modulare Produkt-Designs als Basis für Qualitätsdienst­leistungen

Sie sind überall: Smartphones. Weltweit besitzen zwei von drei Menschen ein Gerät. Das beschert der Branche seit Jahren Rekordumsätze – auf Kosten unseres Planeten. Wie können Smartphones besser und länger genutzt werden?

Der Innovationsverbund Nachhaltige Smartphones INaS 2.0 bringt etablierte Akteure und Pioniere entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Workshops zusammen, um basierend auf modularen Produkt-Designs neue Geschäftsmodelle für Qualitätsdienstleistungen entlang des gesamten Lebenswegs zu entwickeln.

Bild oben: Gruppenfoto ©Centre for Sustainability Management

Samsung, Apple, Huawei und Co. waren nicht dabei, dafür veränderungswillige Akteure der gesamten Smartphone-Wertschöpfungskette: Bauteilelieferanten, Hersteller, Netzbetreiber, Refurbisher, Reparaturdienstleister und Recycler. Beim Auftaktworkshop der zweiten Runde des Innovationsverbund Nachhaltige Smartphones (INaS 2.0) kamen rund 30 Praktiker*innen der Einladung des Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg und dem Stiftungsinstitut für Integrierte Qualitätsgestaltung (IQD) der Johannes Kepler Universität Linz nach. Akteure, die sich gemeinsam auf den Weg machen, um zusammen mit Wissenschaftlern an Lösungen zu arbeiten, die die Smartphone-Branche Fit für die veränderten Anforderungen der Zirkulärwirtschaft machen: so sollen Geräte, Komponenten und Materialien möglichst lange im Einsatz bleiben oder in der bestmöglichen Qualität wiederverwendet werden können.

Modulares Produkt-Design: Chancen und Risiken

Das Thema des Tages: Unternehmerische Chancen und Herausforderungen von modularen Produkt-Designs. Prof. Dr. Erik G. Hansen, Co-Leiter des Innovationsverbundes und Vorstand des Institut für Integrierte Qualitätsgestaltung, wies zu Beginn auf die herausragende Rolle von Produktdesign und Geschäftsmodellen in der Zirkulärwirtschaft hin. 

Bild: Workshop ©Leuphana Universität Lüneburg, Patrizia Jäger

Danach gab es sowohl eine Keynote von Miquel Ballester von Fairphone als Best-Practice und Impulse aus der Wissenschaft von Dr. Marcel den Hollander und Marina Proske. Am Nachmittag arbeiteten die Teilnehmenden in zwei Kreativsessions an Lösungen für die Herausforderungen der Branche im Kontext der Transformation in die Kreislaufwirtschaft. Eine wichtige Erkenntnis: Modulare Produkt-Designs tragen nicht automatisch zu mehr Qualität und längerer Nutzung bei, es kann auch zu Mehrkonsum führen. Zum Beispiel, wenn Nutzer*innen immer die neuesten Module ergänzen, obwohl sie diese nicht nutzen. Außerdem führt die Modularisierung zu zusätzlichem Materialverbrauch, denn i. d. R. ist jedes Modul von einem Gehäuse ummantelt. Auch kann eine Modularisierung zu anfälligeren Design führen und damit die Zuverlässigkeit beeinträchtigen.

Nutzungsszenarien mitdenken

Ein modular entworfenes Produkt sollte durch clevere Rücknahme und Recyclingsysteme ergänzt werden damit ein möglichst langer Konsum richtungssicher ermöglicht wird. Projektmanager Ferdinand Revellio vom CSM und Doktorand an der JKU Linz bilanziert nach dem ersten Workshop: „Neben modularem Design braucht es auch neue Geschäftsmodelle. Ein Smartphone an sich ist nie nachhaltig, denn das Nutzungsszenario ist entscheidend. Wenn zum Beispiel ein reparierbares Smartphone lediglich ein Jahr genutzt wird, aber ein Rücknahmesystem für die Weiternutzung fehlt, ist es nicht zielführend. Das passende Produktdesign muss also durch passende Geschäftsmodelle und Dienstleistungen ergänzt werden. Um genau diese Szenarien über mehrere kooperierende Organisationen hinweg zu denken und zu entwickeln, ist es wichtig, dass Akteure der gesamten Wertschöpfungskette miteinander ins Gespräch kommen." Solche Szenarien mitzudenken und konkrete kundenzentrierte Dienstleistungen zu entwickeln, um die Lebensdauer von modularen Smartphones zu verlängern, wird Thema des zweiten Workshops sein, der im Oktober folgt.

Auftakt von INaS 2.0. gelungen

„Wir wollen mit unserem Praktiker-Netzwerk einen Ort für Nachhaltigkeitsinnovationen in der Smartphone-Branche schaffen – und das funktioniert am CSM seit 2016. Das Interesse ist groß, vor allem bei Akteuren ab dem Point of Sale – Verkäufern, Netzbetreibern, Refurbishern, usw., die schon jetzt von Geschäftsmodellen jenseits des Verkaufs profitieren“, berichtet Ferdinand Revellio. 

Bild: Workshop ©Leuphana Universität Lüneburg, Patrizia Jäger

 

Doch auch Hersteller haben ein strategisches Interesse daran, sich damit auseinanderzusetzen. Der Smartphone-Absatz ist weltweit leicht rückläufig, viele Konsumenten sind zufrieden mit dem Smartphone, das sie haben, und wünschen sich eine längere Lebensdauer. Der deutsche Hersteller Shift GmbH setzt schon auf Modularität und Reparierbarkeit und ist seit Beginn im INaS dabei – und auch den großen Herstellern steht der Innovationsverbund offen. Es ist Zeit, die Herausforderung anzunehmen, denn der größte Umwelteinfluss in der Wertschöpfungskette von Smartphones entsteht im Produktionsprozess.

Der Text basiert auf einem Beitrag von Anna Michalski auf der Website des MBA Sustainability Management des CSM Lüneburg www.sustainament.de

Informationen zum Projekt

Der Innovationsverbund Nachhaltige Smartphones 2.0 (INaS) wird am Centre for Sustainability Management (CSM) gemeinsam mit dem Institut für Integrierte Qualitätsgestaltung (IQD) der JKU Linz unter akademischer Leitung von Prof. Dr. Erik G. Hansen (Johannes Kepler Universität Linz) und Prof. Dr. Stefan Schaltegger (Leuphana Universität Lüneburg) durchgeführt.
Der INaS am CSM ist Teil des BMBF Forschungsprojekt „Produktzirkularität durch modulares Design –Strategien für langlebige Smartphones“ (MoDeSt). MoDeSt wird gemeinsam mit dem Fraunhofer IZM, der TU Berlin, der SHIFT GmbH und der AfB gGmbH, sowie dem IQD an der JKU Linz als assoziierten Partner durchgeführt und vom BMBF im Rahmen von ReziProk (Ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft –Innovative Produktkreisläufe) über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert.

Weitere Informationen

Kontakt

  • Ferdinand Revellio (MSc) ist Universitätsassistent und Doktorand am IQD. In seiner Promotion an der JKU Linz forscht er an der Schnittstelle von Technik, Nachhaltigkeit und Management zu geschlossenen Produkt- und Materialkreisläufen in der Elektronikindustrie. Gleichzeitig ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am CSM und Projektmanager des Innovationsverbundes Nachhaltige Smartphones.
    E-Mail

 

 

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