10. Nov 2014

Was ist ein großes Unternehmen im Sinne des EEffG?

Das Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG) verpflichtet neben Bund und Energielieferanten auch große Unternehmen. Große Unternehmen sind gemäß § 9 EEffG verpflichtet, (i) mindestens alle vier Jahre ein externes Energieaudit durchzuführen bzw. (ii) ein anerkanntes Managementsystem einzuführen und aufrechtzuerhalten, das auch ein regelmäßiges Energieaudit umfassen muss.

Was sind nun große Unternehmen?

Insoweit schenkt uns das EEffG freundlicherweise Legaldefinitionen:

  • Unternehmen: „jede privatrechtlich organisierte und auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, unabhängig davon ob es sich dabei um Endenergieverbraucher oder Endenergielieferanten handelt; verbrauchende Unternehmen, die zu mehr als 50% im Eigentum eines anderen Unternehmens stehen, sind dem Mutterunternehmen zuzurechnen.“ (§ 5 Abs 1 Z 18 EEffG).
  • Große Unternehmen: „Unternehmen, die nicht kleine oder mittlere Unternehmen sind“ (§ 5 Abs 1 Z 19 EEffG)
  • Kleine Unternehmen: „Unternehmen mit höchstens 49 Beschäftigten und mit einem Umsatz von höchstens 10 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von höchstens 10 Millionen Euro“ (§ 5 Abs 1 Z 20 EEffG);
  • Mittlere Unternehmen: „Unternehmen mit höchstens 249 Beschäftigten und mit einem Umsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro, soweit sie nicht kleine Unternehmen sind“ (§ 5 Abs 1 Z 21 EEffG).

 

 

Nachdem Quality Austria und Binder Grösswang für ihre Serviceorientierung bekannt sind, helfen wir Ihnen gerne mit dieser Übersicht:

Kleines Unternehmen

Zahl der Beschäftigten: höchstens 49
Umsatz in EUR
: höchstens 10 Mio.
Bilanzsumme in EUR: höchstes 10 Mio.

Mittleres Unternehmen

Zahl der Beschäftigten: höchstens 249
Umsatz in EUR: höchstens 50 Mio.
Bilanzsumme in EUR: höchstes 43 Mio.

Großes Unternehmen

Zahl der Beschäftigten: ?
Umsatz in EUR: ?
Bilanzsumme in EUR: ?

Jetzt aber genug und auf zu einigen Testfragen (die Schule ist ja schon viel zu lange her):

Beispiel A

Gesellschaft A wird zu 100% von einer Gebietskörperschaft kontrolliert.

  • A ist eine GmbH
  • A ist ein unselbständiger Regiebetrieb der Gebietskörperschaft
  • A ist ein durch Gesetz eingerichteter Rechtsträger

Ist Gesellschaft A in allen Varianten ein großes Unternehmen?

Lösung: A ist nur in der Variante GmbH ein Unternehmen (-> Definition Unternehmen). Mangels Angaben von Beschäftigtenzahl und Finanzkennzahlen ist die Einordnung als großes Unternehmen nicht möglich.

 

Beispiel B

Gesellschaft B ist die Konzernobergesellschaft mit Sitz in Wien. Sie hält

  • 100% der Anteile an der Gesellschaft B1 (Sitz in Wien). B1 hat 50 Mitarbeiter und einen Umsatz von EUR 5.000.000.
  • 50,1% der Anteile an der Gesellschaft B2 (Sitz in Innsbruck). B2 hat 10 Mitarbeiter und einen Umsatz von EUR 500.000.
  • 25% der Anteile an der Gesellschaft B3 (Sitz in München).

Konzernweit gibt es 253 Mitarbeiter, davon 240 Vollzeit, 10 Teilzeit, 3 Karenz in Österreich.

Der Konzern-Jahresabschluss für das Jahr 2013 (geprüft) weist einen konsolidierten Umsatz von EUR 50,1 Mio. und eine Bilanzsumme von EUR 42,9 Mio. aus. Für das Jahr 2014 wird ein Umsatzeinbruch von 10% prognostiziert.

Sind die Gesellschaft B und ihre Beteiligungsgesellschaften B1, B2 und B3 gemeinsam oder einzeln große Unternehmen?

Teillösung 1 (Zusammenrechnung allgemein):

Nach dem EEffG wird eine Gesellschaft nur dann seiner Muttergesellschaft zugerechnet, wenn die Muttergesellschaft mehr als 50% der Anteile an dieser Gesellschaft hält.

Daher wäre B nur mit B1 und B2 zu betrachten, nicht aber mit B3.

Dies gilt auch deshalb, weil die Gesetzesmaterialien zum EEfG davon ausgehen, dass nur in Österreich operierende Konzernteile zuzurechnen sind. Nachdem B3 seinen Sitz in München hat, besteht hier ein weiteres Argument gegen die Zusammenrechnung. Ungeklärt ist noch, ob und ggf. wie B3 einzubeziehen wäre, wenn B3 von ihrem Sitz in München aus auch Geschäft in Österreich macht. Wir haben es uns leicht gemacht und B3 schon wegen der bloßen Minderheitsbeteiligung ausgeschieden.

Teillösung 2 (Einzelbetrachtung):

B1 und B2 sind für sich betrachtet keine großen Unternehmen. Sie könnten aber zu Energieeffizienzmaßnahmen (Energieaudit) verpflichtet sein, wenn sie B zuzurechnen wären und der Konzern B die Schwelle zum großen Unternehmen überschreitet.

Teillösung 3 (Konzernbetrachtung - B + B1 + B2: Mitarbeiterzahl):

Die Mitarbeiterzahl ist nach Vollzeitäquivalent pro Berichtsjahr (Jahresarbeitseinheit - JAE) zu ermitteln. Ein über das gesamte Berichtsjahr vollbeschäftigter Mitarbeiter entspricht einer JAE. Für Teilzeitkräfte und Personen, die nicht während des gesamten Berichtsjahres im Unternehmen gearbeitet haben, ist der jeweilige Bruchteil einer JAE zu zählen. Überhaupt nicht zu berücksichtigen sind z.B. Personen im Mutterschaftsurlaub und Lehrlinge.

Von den in Österreich beschäftigten Mitarbeitern (253) gibt es lediglich 240 Vollzeitkräfte. Bei den Teilzeitkräften (10) und den Personen in Karenz (3) wäre der Bruchteil der JAE zu ermitteln. Auf Basis der Angaben im Beispiel kann nicht exakt ermittelt werden, ob im Berichtsjahr über 249 JAE im Konzern beschäftigt waren.

Nähere Angaben müssten abgefragt werden. Aber ist das überhaupt erforderlich (s. sogleich)?

Teillösung 4 (Konzernbetrachtung - B + B1 + B2: Finanzkennzahlen):

Noch einmal zurück zur Definition „großes Unternehmen“. Die Schwelle ist überschritten, sobald

  • mehr als 249 JAE vorhanden sind, und zwar unabhängig von Umsatz und Bilanzsumme im Berichtsjahr, oder
  • bei JAE von höchstens 249, der Umsatz über EUR 50 Mio. und die Bilanzsumme über EUR 43 Mio. liegen (wird nur eine Finanzkennzahl überschritten -> mittleres Unternehmen).

Zurück zu unserem Beispiel: Auf Basis des geprüften Konzern-Jahresabschlusses für das Jahr 2013 liegt die Bilanzsumme unter EUR 43 Mio. Der Konzernumsatz liegt hingegen knapp über der EUR 50 Mio. Schwelle. Da B3 aber nicht einzubeziehen ist, müsste ggf. noch einmal überprüft werden, ob im Gesamtumsatz Umsätze von B3 enthalten sind. Darauf kommt es aber nicht an, da ja die Schwellen für beide Finanzkennzahlen überschritten werden müssten.

Offen ist, ob auf den geprüften Jahresabschluss oder den noch ungeprüften Jahresabschluss abzustellen ist und ob man rückwirkend zum 1.1.2015 zu einem großen Unternehmen werden kann, wenn spätestens Mitte des Jahres 2015 die „Zahlen“ für das Jahr 2014 vorliegen. In unserem Beispiel haben wir aber ohnehin vorsorglich einen 10% Umsatzeinbruch vorgesehen, sodass wir uns wohl nicht weiter den Kopf zerbrechen müssen.

Damit kommt es dann doch wieder auf die JAE an.

Fazit

Die Einordnung ist - wie wir gesehen haben - gar nicht so einfach. Der Gesetzgeber bleibt indes unbeeindruckt und sanktioniert Verstöße gegen das EEffG, die aus einer fehlerhaften Einordnung als „großes Unternehmen“ resultieren, mit Geldstrafen für die Geschäftsführer oder den verantwortlichen Beauftragten.

Es wird also Zeit, die Hausaufgaben zu machen und im Interesse guter Compliance zu ermitteln, ob das EEffG im Unternehmen (im Konzern) anzuwenden ist.

Autor

Dr. Johannes Barbist, M.A (Limerick)
Partner
BINDER GRÖSSWANG Rechtsanwälte GmbH
E-Mail
www.bindergroesswang.at

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