16. Aug 2023

Status Quo & Ausblick zum Normungsprojekt ISO/IEC TS 17012

Internationales ISO-Normprojekt arbeitet an Leitlinien für Remote Audits

Angetrieben durch die Corona-Epidemie der letzten Jahre und den daraus resultierenden Reisebeschränkungen wurden „Remote Audits“ breit in der Zertifizierung von Managementsystemen eingesetzt. Das spiegelt nur wider, was auch in der unternehmensinternen Kommunikation stattfindet: Virtuelle Meetings, hybride Konferenzen, geographisch verteilte Teams, um nur einige zu nennen.  Es scheint eine breite Zahl von neuen Arbeitsformen zu geben, die nach wie vor in den Unternehmen Einzug halten.

Beispiele unterschiedlicher Auditformen

So bunt der neue Arbeitsalltag, so vielfältig auch die Methoden der „Remote Audits“. Die Auswahl der Methoden, die eingesetzt werden können, ist sehr vielfältig. Die qualityaustria Expertin, Frau Mag. Dr. Anni Koubek, Prokuristin Business Development Zertifizierung Qualität, hat für Sie einige Beispiele:

1) Der No-Brainer: Dokumentenprüfung.

Es lässt sich behaupten, dass, immer schon „Remote Audits“ durchgeführt wurden: Das zertifizierte Unternehmen schickt erforderliche Dokumente, die Zertifizierungsstelle prüft diese. Auch dies ist eine Form des „Remote Audits“ und wurde schon lange vor der Pandemie – oft im Falle der Prüfung von Nicht-Konformitäten – eingesetzt.

2) Der Klassiker: Das „virtuelle Audit“.

Anstatt zum Unternehmen anzureisen, führt das Audit-Team das Audit virtuell durch. Üblicherweise sitzen Auditor*innen vor ihrem PC, die Kund*innen loggen sich in das virtuelle Meeting von ihrem Arbeitsplatz oder Besprechungsraum ein und beantworten Fragen. Die Herausforderung dieser Audits war und ist das Auditieren von physikalisch ausgeführten Prozessen. Andersherum: Das virtuelle Auditieren einer Softwareentwicklung funktioniert gut, aber industrielle Fertigung benötigt zusätzlich Live-Kameras, um zumindest einen Eindruck der laufenden Prozesse zu bekommen. Daraus ist auch klar, warum sich virtuelle Audits nur in wenigen Branchen als wirksam herausgestellt haben: Die Durchführung von Prozessen, die Umsetzung von Umwelt- oder Arbeitnehmerschutzmaßnahmen können nur eingeschränkt virtuell erfasst werden.

Umgekehrt zeigt die Erfahrung, dass eine Detailprüfung von Dokumenten virtuell besser erfolgt als bei einem Vor-Ort-Audit. Die Auditor*innen sehen das Dokument in optimaler Größe im Vergleich zum Präsenz-Audit, bei dem häufig „über die Schulter geschaut“ wird.

3) Halb-halb: hybrid und Stellvertreter*innen Audits:

Vor-Ort Audits sind aufgrund der Reisekosten teurer als Remote Audits. Daraus ergibt sich folgende Frage: wie kann diese Methode genutzt werden, ohne die Wirksamkeit von Audits zu beeinträchtigen? Hybride Audits machen halbe-halbe: Ein*e Auditor*in ist vor Ort und fokussiert genau auf das Geschehen in der Produktion bzw. in der Umsetzung der Prozesse, der*die andere Auditor*in arbeitet remote und fokussiert mehr auf Vorgaben und Nachweise sowie deren Konsistenz.

Stellvertreter*innen Audits (auf Englisch „surrogate audits“) sind eine Lösung für Spezialthemen oder Audits über größere Distanzen. So würde man z. B. eine*n ISO 9001 Auditor*in vor Ort bitten, die Produktion zu besichtigen, die*der zugelassene ISO 13485 Auditor*in lenkt wiederum die*den Auditor*in und teilt mit, welche Produktionsschritte oder Verfahren eingesehen werden sollen. Diese Methode wird weniger genutzt, da die Auditzeit der stellvertretenden Person vor Ort nicht zählt, denn diese Person ist „ferngesteuert“ für diesen Auditteil. Insofern macht die Methode hauptsächlich bei großen Entfernungen und beim Audit von Spezialthemen Sinn, wenn die Kosten für die Anreise in keinem Verhältnis stehen.

4) (Noch) Exotische Methoden:

Die technologische Entwicklung geht weiter. Je höher der „Virtualisierungsgrad“, desto mehr virtuelle Methoden werden auch zum Einsatz kommen. Besichtigungen von Gebäuden oder technischen Einrichtungen können auch per Drohne oder VR-Brille erfolgen. Noch besser wäre es etwa, eine Augmented Reality Brille zu haben, mit der etwa zusätzlich zum Prozess auch gleich relevante Dokumente aus dem Qualitätsmanagementsystem (QMS) eingeblendet werden. Noch besser: diese Infos erfolgen direkt aus dem „virtuellen Zwilling“. Hier wird sich in den nächsten Jahren viel verändern, damit einhergehend müssen auch Unternehmen ihre Systeme mehr und mehr virtualisieren.

Grundfragen bei dem Thema:

Die Grundfrage bei allen diesen Methoden bleiben immer die gleichen: Kann das Audit wirksam durchgeführt werden? Wo in den Prozessen bestehen die größten Risiken? Und hier ist oft die Antwort: der größte Risikofaktor ist der Mensch. Entsprechend sind die wirksamsten Audits meist jene, die vor Ort durchgeführt werden und die Schnittstellen Mensch-Mensch sowie Mensch-Computer betrachten.

In der ISO läuft derzeit ein Normungsprojekt ISO/IEC TS 17012, um Zertifizierungsorganisationen hier bessere Guidance zu geben. Das Projekt ist noch in einem frühen Stadium, die ersten öffentlichen Entwürfe könnten ca. in einem halben Jahr vorliegen. Das Team der Quality Austria hält Sie selbstverständlich weiterhinauf dem Laufenden.

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Ihre Ansprechpartnerin

Team

Frau Mag. Dr. Anni Koubek

Prokuristin Branchenmanagement Medizinprodukte

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