22. Mai 2018

Klima- und Energiestrategie – quo vadis?

Die Quality Austria hat bereits über die Veröffentlichung der Klima- und Energiestrategie KES Mission 2030 informiert und im nächsten Schritt den aktuellen Entwurf der Klima- und Energiestrategie KES Mission 2030 studiert und versucht, diesen stark zusammenzufassen. Auch wenn die Politik im Wesentlichen nur die Strategie und die strategischen Ziele vorgibt, wird am Ende versucht, aus dem Blickwinkel der Energiemanagementnorm ISO 50001 weitere Gedanken zu ergänzen, um eine mögliche wirksame Umsetzung anzuregen. Ergänzend dazu gibt es eine Zusammenfassung der Würdigung der CCCA als wissenschaftliches Netzwerk.

Aktuell läuft der Stakeholderprozess und soll bis zum Sommer abgeschlossen werden. Aus gut informierten Kreisen heißt es aber schon, an den wesentlichen Eckpunkten wird sich nichts mehr ändern. D. h. der vorliegende Entwurf kann bereits als gute Orientierung für die eigene Umfeldanalyse (Stichworte externer Kontext, Chancen und Risiken) und für strategische Überlegungen herangezogen werden.

 

Ausgangssituation

Zur beschriebenen Ausgangssituation sei angemerkt, dass die Treibhausgasemissionen im Jahr 1990 – früher auch aus Referenzbasis für das Kyotoprotokoll dienend – mit über 77 Mio Tonnen CO2-Äquivalenten ähnlich hoch lagen wie aktuell, siehe auch den aktuellen Klimaschutzbericht des Umweltbundesamtes.

Die Beschreibung der Ausgangssituation seit dem Jahr 2005 in KES Mission 2030, die ein Reduktion bis 2015/16 beschreibt, täuscht damit ein wenig, dass die THG-Situation im Vergleich zu 1990 nicht wirklich besser wurde. Die Reduktion hat ihre Ursache zum Teil auch in der Wirtschafts- und Finanzkrise und ist nicht auf strategische und operative wirksame Maßnahmen in der Klima- und Energiestrategie Österreichs begründet.

Abb.1: Verlauf der österreichischen THG-Emissionen Quelle: Umweltbundesamt, aktueller Klimaschutzbericht

Die wesentlichen Handlungsfelder der KES Mission 2030 sind:

1. Energie als Gesamtsystem / Sektorenkopplung

2. Erhalt effizienter Bestandsanlagen

3. Dekarbonisierung ohne Atomstrom

4. Emissionsarme Mobilität der Zukunft

5. Technologieneutralität auf dem Dekarbonisierungspfad bis 2050

6. Standort – Wachstum und Arbeitsplätze schaffen und sichern

7. Forschung und Innovation als Triebkraft für Lösungen auf globalen Märkten

8. Digitalisierung als Chance – Unabhängigkeit und Wahlfreiheit stärken

9. Bürokratieabbau, Strukturen schaffen

10. Synergieeffekte zwischen Gebietskörperschaft-Ebenen für kosteneffiziente Umsetzung nutzen

11. Fördereffizienz bei der Vergabe öffentlicher Mittel und Nutzung von Marktkräften

12. Nachhaltige Finanzen

 

Ziel ist bis 2030 den nationalen Gesamtstromverbrauch zu 100 % durch erneuerbare Energiequellen abzudecken. Dieses Ziel ist eines von wenig sehr konkret formulierten Ziele. Wesentlicher Teil sollen dezentrale Photovoltaikanlagen (wie z. B. Projekt 100.000 Dächer) erfolgen. Auch der Ausbau von Windkraft, Wasserkraft und anderen Anlagen sollen erfolgen. Es bleibt aber z. B. offen, ob die 100.000 Dächer pro Jahr oder bis 2030 realisiert werden sollen. Die Idee hatte grundsätzlich auch schon der deutsche Fernsehjournalist Franz Alt in den 90iger Jahren.

Wesentliche und am konkretesten beschriebene Handlungsfelder sind Gebäude und Verkehr. Wasserstofftechnologien und Power to Gas werden hohe Potenziale eingeräumt und als Chance gesehen.

Gebäude: Für rund 27 % des Energieverbrauchs in Österreich sind Raumheizung, Klimaanlagen und Warmwasser verantwortlich. Angestrebt werden eine hohe Sanierungsqualität sowie eine hohe Sanierungsrate für Gebäude. Auch der Austausch von fossilen Heizanlagen durch Anlagen mit erneuerbarer Energie wie z. B. Solarenergie bzw. hocheffiziente Wärmepumpen, Nah- und Fernwärme in Verbindung mit thermischer Sanierung von Gebäuden soll in einem Mix von Instrumenten unterstützt werden.

Auch sollen fossile Energieträger durch erneuerbare Energie ersetzt werden. Hier wird man schon sehr konkret: Ölheizungen sollen in den nächsten 20-30 Jahren gänzlich aus dem Wärmemarkt verdrängt werden. Hier wird KES Mission 2030 dann sehr konkret:

  • Der Ausstieg der Ölheizungen im Neubau soll in allen Bundesländern ab spätestens 2020 erfolgen. (Baurecht)
  • „Erneuerbaren Gebot“: Beim Ersatz bestehender Ölkessel sollen erneuerbare Energieträger zum Einsatz kommen.
  • Sozial verträglicher Ausstieg aus dem Ölheizungsbestand ab spätestens 2025, beginnend mit Kesseln, die älter als 25 Jahre sind.

 

Energieeffizienzgesetz EEffG – quo vadis?

Das österreichische Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG) erfüllt die EU-Vorgaben zur Forcierung der Energieeffizienz bis 2020. Um das EEffG gemäß EU-Regeln weiterzuentwickeln, wird im September 2018 ein Prozess gestartet, welcher das bestehende Regelwerk evaluiert. Mit Einbindung relevanter Stakeholder sollen Handlungsoptionen erarbeitet werden. Folgende Themen sollen hier einfließen:

  • Erhöhung der jährlichen Anlagenerneuerungsrate bei Pumpen, Motoren, Lüftungen und Beleuchtungsanlagen
  • Einbeziehung des Energieverbrauchs über den Lebenszyklus bei der öffentlichen Beschaffung durch Total Cost of Ownership
  • Vorbereitung/Durchführung von Pilotprojekten zu „energieeffiziente Stadt“ und „energieeffizientes Dorf“
  • Energiesparen durch Energieeffizienzsteigerung und Umstellung auf erneuerbare Energien
  • Förderprogramm zur Implementierung von Energiemanagementsystemen für Klein- und Mittelbetriebe!

 

Potenzial für die KES Mission 2030 aus dem Blickwinkel der ISO 50001:2011

Grundsätzlich hat die Regierung nun die Strategie vorgegeben. Potenzial sieht die Quality Austria zu folgenden Punkten – aus der Perspektive der ISO 50001:2011:

  • Präzisierung aller strategischen Zielformulierungen im Sinne quantifizierbarer Ziele, um damit auch eine Monitorngrundlage zur Messung der Zielerreichung sicherzustellen und Herunterbrechen in operative Ziele.
  • Erstellung eines Zeitplanes mit Meilensteinen für Zwischenziele
  • Klärung der Zuständigkeiten je Ziel
  • Für die Ziele sollten schon jetzt angemessene Indikatoren (Kennzahlen) festgelegt werden
  • Wie könnte die Wirksamkeitskontrolle gestaltet werden?
  • Diese Punkte sollten in weiterer Folge unbedingt mitbedacht werden, um eine mögliche wirksame Umsetzung gut aufzusetzen.

 

Kritische Analyse der CCCA

Quality Austria hat auch die kritische Analyse des österreichischen Klimaforschungsnetzwerks CCCA (Climate Change Center Austria) zum Entwurf der Klima- und Energiestrategie (KES) studiert und fasst auch diese hier kurz zusammen. Die eine oder andere Aussage des CCCA deckt sich auch mit der Analyse der Quality Austria.

Die CCCA begrüßt:

Verantwortung für einen konsequenten Dekarbonisierungspfad bis 2050
Transformation zu einem möglichst effizienten und klimaneutralen Energie-, Mobilitäts- und Wirtschaftssystem
Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft

Die CCA bezweifelt, dass mit der KES das Land Österreich in der Lage sein wird, seine international zugesagten Ziele tatsächlich zu erreichen.
Es fehlt an der klaren Verankerung von:

  • Instrumenten
  • Maßnahmen
    Zuständigkeiten, Zeitplänen
  • Umsetzungsmonitoring
  • Finanzierung

 

Weitere Aussagen der CCCA

Aus wissenschaftlichen Sicht erscheint es schwer vorstellbar, eine völlige Dekarbonisierung ohne Nutzung der ökosozialen Steuerreform zu erreichen. Inzwischen soll Bundesminister Löger auch angedeutet haben, dass sozial-ökologische Element im Rahmen der Steuerreform 2020 denkbar wären.
CCCA empfiehlt in der Budgetplanung auch jene zu erwartenden Kosten des klimapolitischen NICHT-Handelns mit zu kalkulieren.
Es fehlt eine konkrete Zielperspektive bis 2050. „Zu geringe Ambitionen in der mittleren Frist bis 2030 bedeuten sehr kostspielige Anstrengungen in der Periode bis 2050.“ Ambitionierte Zwischenziele bis 2040 seien festzulegen.
KES sieht nur konkrete und quantitative THG-Minderungsziele für Gebäude und Verkehr vor, Einzelziele für z. B. erneuerbare Energieressourcen, Energieeffizienz, fehlen.

Kritik wird auch an der Umsetzung des aktuellen Bundes-Energieeffizienzgesetzes laut: Ziel bis 2020: Energieverbrauch: 1050 PJ – Ist 2016: 1121 PJ: Ohne Nachbesserung des EEffG wird davon ausgegangen, dass das Ziel im Jahr 2020 nicht erreicht wird. Es wird daher empfohlen, die Unzulänglichkeiten in der Implementierung des EEffG zu beheben:

  • Konsequente Internalisierung externer Kosten z. B. in Form einer stufenweisen Einführung CO2-Abgaben
  • Ist Effizienz das Ziel, so ist für eine allfällige Fortführung des EEffG darauf zu achten, zukünftig nur solche Maßnahmen anzuerkennen, die real messbare Energieeinsparungen zweifelsfrei erbringen
  • Vermeiden von Lock-in Effekten bei langfristigen Investitionen: z. B. Gebäude: Ersatz von fossilen Heizsystemen durch erneuerbare Raumwärmelösungen

 

Empfehlungen seitens der CCCA

Verankerung von Zwischenzielen sowie Laufendes Monitoring. Das Monitoring soll bei der Treibhausgasbilanz Einflussfaktoren, wie Konjunktur oder Heizgradtage, bereinigen und einen klaren Bezug zu absoluten Mengenzielen haben! Das Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen sicherstellen und im Falle von Abweichungen allfällige Anpassungen anstoßen.

DI Axel Dick, Prokurist, Business Development Umwelt und Energie, CSR, war auch Teilnehmer der R20 Konferenz Austrian World Summit in der Wiener Hofburg. Initiator dieses Kongresses, der 1.200 Teilnehmer aus 70 Ländern zählte, ist Arnold Schwarzenegger, der in seiner im Fernsehen live übertragenen Key Note aufrief: „Stop whining, start action!“ und dabei auch auf die Vorteile einer besseren Lebensqualität und eines besseren Gesundheitsschutzes durch eine saubere Energiezukunft aufzeigte. UN-Generalsekretär Antonio Guterres betonte: „Die Steinzeit wurde auch nicht beendet, weil es keine Steine mehr gab“, und forderte den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Und Bundespräsident Van der Bellen appellierte:

„Wir brauchen eine neue industrielle Revolution! Schüler sollen in 30 Jahren darüber lernen, wie damals die Klimakrise bewältigt wurde – und nicht umgekehrt.“

Es wird Leadership, Mut und Konsequenz im Tun brauchen, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 80% zu reduzieren. Im konsequenten Tun helfen Managementsysteme wie ISO 14001, ISO 50001 und EMAS. Und die ISO 14001 fordert auch klar Leadership und die Integration des Umweltmanagements in die strategische Geschäftsentwicklung ein. Aktuell geht in der Umweltnormung auch die Revision des Corporate Carbon Footprints und des Product Carbon Footprints ins Finale. Die nächste Umweltnormungssitzung ist Anfang Juni in Berlin.

Autor

Team

quadratisches Portraitbild von Axel Dick

Herr DI Axel Dick, MSc

Prokurist Leitung Business Development Umwelt und Energie, ESG

Ansprechpartner Umwelt und Energie

Team

quadratisches Portraitbild von Axel Dick

Herr DI Axel Dick, MSc

Prokurist Leitung Business Development Umwelt und Energie, ESG

Netzwerkpartner*in

quadratisches Portraitbild von Peter Sattler

Herr DI Peter Sattler, MAS

Netzwerkpartner, Produktexperte SURE, PEFC CoC und ISO 38200

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