25. Nov 2022

Anforderungen an Lieferant*innen in der Medizinproduktebranche: Von der ISO 9001 zur ISO 13485

Einkaufen von Medizinprodukten im Gesundheitswesen: Teil 3

Artikelserie Gesundheitswesen & Medizinprodukte

Im ersten Teil haben wir uns mit den normativen Anforderungen für den Einkauf von Medizinprodukten beschäftigt, der zweite Teil widmete sich der CE-Kennzeichnung von Medizinprodukten.

In diesem dritten Teil der Artikelserie rund um die Themen Gesundheitswesen und Medizinprodukte beantworten unsere qualityaustria Expertinnen Mag. Dr. Anni Koubek, Prokuristin Innovation, Business Development Zertifizierung Qualität und Ing. Ingrid Blaimauer, Produktmanagerin Medizinprodukte (QMD Services GmbH für Quality Austria), Ihre Fragen zur ISO 13485.

Benötige ich eine ISO 13485 Zertifizierung?

Grundsätzlich gibt es in Europa kein Gesetz, das Ihnen vorschreibt, eine Zertifizierung nach ISO 13485 zu haben, wenn Sie als Lieferant*in in der Medizinproduktebranche tätig sind. Jedoch verlangen Hersteller*innen diese zunehmend von Lieferant*innen, und dies zu recht: Herstellende Betriebe sind letztendlich für die Qualität der in Verkehr gebrachten Produkte verantwortlich und gemäß ISO 13485 müssen auch zugekaufte Teile und Dienstleistungen (also alle ausgelagerten Prozesse) den Qualitätsanforderungen des Unternehmens entsprechen. Was liegt hier näher, als höchste Qualitätsanforderungen an die Lieferant*innen zu stellen, um Produktrisiken zu vermeiden und die Patient*innensicherheit in den Fokus zu stellen? Insofern macht es für Lieferant*innen im Medizinproduktebereich (und solche, die es werden wollen) durchaus Sinn, sich dieser Herausforderung zu stellen und eine Zertifizierung anzustreben.

Was sind die Hauptunterschiede der beiden Normen ISO 9001 und ISO 13485?

Zuerst muss festgehalten werden, dass die Anforderungen teilweise überlappen. Beide Normen beschreiben Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme, die ISO 9001 für jegliche Organisationen, die ISO 13485 spezialisiert auf Medizinprodukte.

Bei der ISO 9001 liegt der zentrale Fokus in der Zufriedenstellung der Kund*innen, wobei die ISO 13485 die Medizinproduktesicherheit ins Zentrum rückt.

Der augenscheinlichste Unterschied liegt in der Struktur: Die ISO 13485 ist noch nicht an die neue „High Level Structure (HLS)“ angepasst, hat also noch acht Abschnitte und nicht zehn, wie alle anderen Managementsystemnormen, die der HLS folgen. Entsprechend gibt es in der ISO 13485 noch Anforderungen, die vor der letzten Normrevision auch in der ISO 9001 enthalten waren, wie z. B Anforderungen zum Qualitätshandbuch, zu Beauftragten der Leitung oder zu Vorbeugungsmaßnahmen.

Ein wesentlicher Faktor der ISO 13485 ist, dass das Qualitätsmanagementsystem den gesamten Produktlebenszyklus eines Medizinproduktes begleiten und steuern soll.

Was sind die wichtigsten fünf Hürden bei der Umsetzung?

  1. Dokumentation: die ISO 13485 stellt hier wesentlich höhere Anforderungen, wie z. B. die Medizinprodukteakte (Kapitel 4), die dokumentierten Verfahren oder das Handbuch.
  2. Risikomanagement mit Verweis auf die ISO 14971
  3. Anforderungen an die Entwicklung: hier wird bei der ISO 13485 stärker der Entwicklungsprozess vorgegeben, wie z. B. die Entwicklungsbewertung, Erfordernis einer Entwicklungsverifizierung und -validierung oder ein Dokumentiertes Verfahren zu den Entwicklungsergebnissen in der Herstellung
  4. Produktion: Medizinproduktespezifische Themen werden hier gefordert, wie Validierung von Sterilisationsprozessen und Sterilbarrieresystemen, Identifizierung des Produkts während der Produktion sowie die Rückverfolgbarkeit auf Bauteile und Materialien.
  5. Ein dokumentiertes Verfahren für die Reklamationsbearbeitung muss eingeführt werden.

Wenn ich die ISO 13485 habe, benötige ich noch eine ISO 9001 Zertifizierung?

Das hängt von Ihrem Unternehmen ab: wenn Sie ausschließlich medizinische Geräte herstellen bzw. in diese Branche liefern, reicht wahrscheinlich die ISO 13485. Wenn Sie aber auch Forschungsprodukte oder nicht medizinische Geräte vermarkten, oder als Lieferant*in in anderen Branchen tätig sind, bleibt die Zertifizierung nach ISO 9001 weiter relevant. Der Vorteil: Die beiden Normen können in einem Kombinations-Verfahren auditiert werden, wodurch der Aufwand zwar etwas größer ist, sich aber nicht verdoppelt.

Was hat es mit der Normrevision ISO 13485:2021 auf sich?

Die Normrevision 2021 beinhaltet keine wesentlichen Änderungen. Es sind weder Anforderungen dazu gekommen, noch wurde inhaltlich bei den Anforderungen etwas geändert. Als wesentliche Änderung finden sich die neuen informativen Anhänge ZA und ZB, die den Zusammenhang zwischen Inhalten der Norm EN ISO 13485:2016 und den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen der Verordnungen (EU) 2017/745 und 2017/746 über Medizinprodukte bzw. In-vitro-Diagnostika darstellen.

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