07. Nov 2023

Mehr Unternehmen in der Pflicht

Hinweisgeber­Innenschutz-Gesetz: Das gilt ab 17. Dezember 2023

Spätestens seit dem Fall Edward Snowden im Jahr 2013 ist der „Whistleblower“ auch hierzulande ein bekannter Begriff.

Sechs Jahre dauerte es bis zur Einführung der Whistleblower Richtlinie der EU. Im Februar 2023 ist nun nach Verzögerungen auch in Österreich das HinweisgeberInnenschutz-Gesetz (HSchG) in Kraft getreten, das betroffene heimische Organisationen ab 50 Mitarbeitenden bis 17. Dezember 2023 zur Einrichtung vertraulicher interner Meldekanäle verpflichtet. Claudia Kerpe, Leitung Produktmanagement Compliance und Korruptionsbekämpfung bei Quality Austria, gibt Unternehmen wertvolle Tipps, wie sie im Bereich Compliance fit in der Umsetzung werden können.

1) Handlungsbedarf abstecken

Zum Schutz von vor negativen Konsequenzen wurde 2019 seitens der EU die Whistleblower Richtlinie beschlossen, im Februar 2023 wurden mit dem österreichischen HSchG Mindestanforderungen für private Unternehmen und öffentliche Stellen zum Schutz von Hinweisgebenden festgelegt. „Im HinweisgeberInnenschutz-Gesetz wird entsprechend der Größe des Unternehmens festgelegt, welche Meldesysteme und Compliance-Maßnahmen zum Schutz von Whistleblowern umzusetzen sind“, betont Kerpe. Grundsätzlich sind Unternehmen ab 50 Beschäftigten und öffentliche Einrichtungen mit mehr als 50 Mitarbeitenden von der neuen Regelung betroffen. „Auch für kleinere Unternehmen mit weniger als 50 Arbeitnehmer*innen ist das Gesetz gültig, wenn sie in Branchen wie Finanzdienstleistung, Finanzprodukte/-markt, Sicherheit der zivilen Luft- bzw. Schifffahrt oder ähnlichen sensiblen Bereichen tätig sind. Wir empfehlen aber auch Unternehmen, die von ihrem Tätigkeitsfeld her von Hinweisen in Gebieten wie öffentliches Auftragswesen, Verbraucherschutz, Produkt-, Verkehrs- oder Lebensmittelsicherheit betroffen sein könnten, die Einrichtung eines freiwilligen Hinweisgebersystems in Betracht zu ziehen“, so die Expertin.

2) Rahmenbedingungen schaffen

Der Aufbau eines Compliance-Systems im Unternehmen nimmt Zeit in Anspruch. Wichtig ist, sich eingangs damit auseinanderzusetzen, ob es – abhängig von der Größe und Struktur der Organisation – eventuell Sinn macht, eine eigene Compliance-Abteilung einzurichten, oder ob es eine andere Abteilung gibt, in der die Verantwortlichkeit eingebettet werden kann. „Für betroffene Unternehmen drängt die Zeit, denn sie müssen noch vor Weihnachten ein internes Hinweisgeber*innen-Meldesystem einrichten, das mittels Vertrauensregeln die Identität der hinweisgebenden Personen schützt“, erklärt Claudia Kerpe. Wer bereits ein Managementsystem wie die ISO 9001 oder ISO 14001 implementiert hat, kann mit der Ergänzung von Managementsystemen wie der ISO 37001 zur Korruptionsbekämpfung oder der ISO 37301 für Compliance Management ein wirksames Rechtsmanagementsystem im Unternehmen schaffen. „Damit wird die operative Umsetzung der HSchG-Anforderungen erleichtert und die Rechtssicherheit erhöht“, ist Kerpe überzeugt.

3) Painpoints identifizieren

Das Commitment und die Verpflichtung seitens der Geschäftsführung sind essenziell für den Erfolg der Implementierung von Anti-Korruptionsmaßnamen im Unternehmen. „Wichtig ist, dass zunächst eine Unternehmenskultur geschaffen wird, in der Korruption als No-Go gilt und die Mitarbeitende für dieses wichtige Thema sensibilisiert“, sagt die Expertin. Es sollte als selbstverständlich angesehen werden, dass über Missstände offen gesprochen werden kann, ohne dass die Person Konsequenzen wie Kündigung, Suspendierung oder andere persönliche Nachteile zu befürchten hat. Hier setzt das HSchG an, indem eine vertrauliche Kommunikationsplattform geschaffen wird, an die sich Personen wenden können, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Kenntnis von Gesetzesverstößen in gewissen Rechtsbereichen erhalten. „Zudem sollten klare Richtlinien vorgegeben werden und Compliance- bzw. Antikorruptionsbeauftragte mittels Schulungen das entsprechende Know-how erhalten. Last but not least bedarf es auch effektiver Kontrollmechanismen, damit das Einhalten der Vorgaben gewährleistet wird“, betont Kerpe.

4) Rechtssichere Meldekanäle schaffen

„Grundsätzlich verlangt das Gesetz, dass Hinweise entweder über mündliche Kanäle oder schriftlich ermöglicht werden sollen. Egal, auf welchem Weg die Meldung erfolgt, müssen Organisationen sicherstellen, dass die Vertraulichkeit und DSGVO-Konformität gegeben sind, eine entsprechende Dokumentation gemacht wird und Hinweise unparteilich und unvoreingenommen bearbeitet und beantwortet werden“, erklärt die Expertin. Eine Bestätigung über den Eingang des Hinweises muss innerhalb von sieben Tagen erfolgen. Neben internen Whistleblower-Hotlines existieren auch externe Meldestellen, an die sich Hinweisgebende direkt wenden können – dazu zählt beispielsweise das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BKA). Die Informationen über interne und externe Meldestellen sowie den Meldeprozess selbst müssen an die Mitarbeitenden kommuniziert werden. Zu beachten ist auch noch eine weitere Frist: Spätestens drei Monate nach der erfolgten Meldung müssen Hinweisgeber eine Rückmeldung über die erfolgten Nachforschungen bzw. Folgemaßnahmen erhalten. „Mit einem Compliance-Managementsystem werden nicht nur die nötigen Rahmenbedingungen innerhalb einer Organisation geschaffen, sondern die Einführung und Einhaltung der Korruptionsschutzmaßnahmen deutlich erleichtert“, so Kerpe abschließend.

Verpassen Sie keine News mehr – Jetzt qualityaustria Newsletter abonnieren!
Folgen Sie uns am besten auch gleich auf Social Media:

Nehmen Sie passend zu diesem Thema auch am Webinar am 18.01.2024 teil: Alles was Recht ist! Compliance effektiv und effizient umsetzen

Ihre Ansprechpartnerin

Team

quadratisches Portraitbild von Claudia Kerpe

Frau Mag. Claudia Kerpe, MSc

Leitung HR, Business Development Risiko, Business Continuity, Compliance und Korruptionsbekämpfung

Weitere News & Events

Immer topaktuell informiert

24. Jul 2024

Hafen Koper durch Quality Austria ISO 37001 zertifiziert

Luka Koper wird ein zertifiziertes Anti-Korruptions-Unternehmen

Mehr erfahren
17. Jul 2024

Umwelt-Hinweise für die persönliche Schutzausrüstung

„Nachhaltige Sicherheitsausrüstung“

Mehr erfahren
17. Jul 2024

Die Bedeutung der CSRD/ESRS und der doppelten Wesentlich­keits­analyse für Unternehmen

Alles, was Sie wissen müssen

Mehr erfahren
16. Jul 2024

Kompakte Weiterbildung für Ihre Zukunft – Schnell zur Qualifikation!

Wissen kompakt

Mehr erfahren
12. Jul 2024

Die neue Öködesign – Richtlinie tritt in Kraft

Neuerungen im Bereich Arbeitssicherheit und Umwelt

Mehr erfahren
04. Jul 2024

Gemeinsam statt einsam: Warum integrierte Management­systeme Purpose schaffen

Alles wichtige zum Thema IMS

Mehr erfahren
01. Jul 2024

In Kreisläufen denken & handeln

Umfangreiches Verständnis

Mehr erfahren
04. Jun 2025

Event: qualityaustria Excellence Day und Verleihung Staatspreis Unternehmens­qualität 2025

Das Event findet am 4. Juni 2025 in Wien statt.

Mehr erfahren
26. Jun 2024

Schöne Urlaubs­regionen erleben und sich zusätzlich weiterbilden!

Raus aus dem Alltag

Mehr erfahren
24. Jun 2024

Sicherheit ist ein Faktor mit verschiedenen Dimensionen

Nachlese Impact Lech 2024

Mehr erfahren
21. Jun 2024

Executive MBA Qualitäts- und Risikomanagement

Der MBA für Ihren Erfolg - jetzt informieren!

Mehr erfahren
20. Jun 2024

Arbeitsmarkt­service Kärnten gewinnt den Staatspreis Unternehmens­qualität 2024

Nachlese 2024

Mehr erfahren
+43 732 34 23 22