11. Apr 2013

Evaluierung psychischer Belastungen gemäß ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz

Eine herausfordernde Aufgabe der Unternehmen ist, seit dem Inkrafttreten der Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetztes (AschG) am 01. Jänner 2013, die psychischen Belastungen zu evaluieren. Das Ziel der Novelle des ASchG ist unter anderem die Prävention von psychischen Belastungen und Gefährdungen, die zu Fehlbeanspruchung am Arbeitsplatz führen können. Es soll einerseits auch die Wichtigkeit psychischer Gesundheit und der Prävention psychischer Belastungen unterstrichen werden, andererseits sollten die Arbeitspsychologen, als bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren beizuziehende Fachleute, ausdrücklich genannt werden.

Arbeitgeber müssen beeinträchtigende Arbeitsbedingungen erkennen und diese durch entsprechende Maßnahmen gezielt verbessern.

Im Zuge der gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsplatzevaluierung hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen vorliegen, die zu Fehlbeanspruchungen von Arbeitnehmern führen können.

 

Die Schritte zur Arbeitsplatzevaluierung:

  • Planung durchführen und Aktionsplan (Prozessschritte, Beteiligte, Zeitraum) festlegen
  • Belastungen ermitteln und beurteilen
  • Maßnahmen ableiten und festlegen
  • Maßnahmen umsetzen und deren Wirksamkeit überprüfen
  • Dokumentation erstellen

Die untenstehende Auflistung zeigt die grundlegenden Dimensionen arbeitsbedingter psychischer Belastungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen können. Die Auflistung basiert auf Veröffentlichungen und Informationen des Arbeitsinpektorates.

Der Leitfaden der Arbeitsinspektorate für die Bewertung der Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen basiert auf diesen Dimensionen. Diese Dimensionen sind geeignet die Basis für eine Arbeitsplatzevaluierung der psychischen Belastungen zu bilden.

Es kann durchaus sein, dass eine spezifische Fehlbelastung in mehr als eine Kategorie oder Dimension passen könnte.

Aufgabenanforderungen und Tätigkeiten

  • Aufgabenanforderungen und Tätigkeiten
  • Geistige Belastungen
  • Emotionale Belastungen
  • Qualifikationsprobleme


Arbeitsumgebung

  • Klimatische Belastungen
  • Akustische Belastung
  • Visuelle Belastungen
  • Platz/Fläche unzureichend
  • Ausstattung/Arbeitsmittel unzureichend
  • Belastung Gefahr

Organisationsklima

  • Mangelhafte Zusammenarbeit (quantitativ)
  • Mangelnde Zusammenarbeit (qualitativ)
  • Informationsmängel
  • Fehlender Handlungsspielraum


Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation

  • Ungenügend gestalterische Arbeitsprozesse
  • Orientierungsmängel
  • Störungen/Unterbrechungen
  • Belastende Arbeitszeitgestaltung
  • Belastende Arbeitsmenge

ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG)


Betonung der Prävention von psychischen Belastungen und Gefährdungen am Arbeitsplatz

  • § 2 Abs. 7: „Unter Gefahren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind auch arbeitsbedingte physische und psychische Belastungen, zu verstehen, die zu Fehlbeanspruchungen führen.
  • § 2 Abs. 7a Unter Gesundheit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist physische und psychische Gesundheit zu verstehen.
  • § 4 Abs. 5 Eine Überprüfung und erforderlichenfalls eine Anpassung im Sinne des Abs. 4 hat insbesondere zu erfolgen:
    1. nach Unfällen
    2. bei Auftreten von Erkrankungen, wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie arbeitsbedingt sind
    2a. nach Zwischenfällen mit erhöhter arbeitsbedingter psychischer Fehlbeanspruchung
    3. bei sonstigen Umständen oder Ereignissen, die auf eine Gefahr für Sicherheit oder Gesundheit der Arbeitnehmer schließen lassen
    4. bei Einführung neuer Arbeitsmittel, Arbeitsstoffe oder Arbeitsverfahren
    5. bei neuen Erkenntnissen im Sinne des § 3 Abs. 2 und
    6. auf begründetes Verlangen des Arbeitsinspektorates

Unter Zwischenfälle werden vor allem tödliche und schwere Unfälle verstanden, durch welche weitere Mitarbeiter betroffen werden – Krisenintervention etc.

In der Arbeitswelt ist eine Zunahme psychischer Belastungen und Gefährdungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen, als Ursache für arbeitsbedingte Beschwerden und Erkrankungen zu beobachten. Psychische Belastungen verursachen nicht nur psychische Beeinträchtigungen und Erkrankungen, sondern verstärken auch andere Erkrankungen wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen, Magen-, Darmerkrankungen, Schlafstörungen, Diabetes etc.

Immer mehr Personen müssen infolge psychischer Fehlbeanspruchungen die Frühpension antreten. Dies verursacht viel menschliches Leid, aber auch betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Kosten.

Die Ursachen arbeitsbedingter psychischer Fehlbeanspruchungen sind häufig:

  • widersprüchliche Arbeitsaufgaben
  • Arbeitsverdichtung, unangemessene Zeit- und Terminvorgaben, ständige Erreichbarkeit
  • unangemessene Wiederholung immer gleicher Arbeitsvorgänge
    Informationsmangel oder –überflutung
  • knappe Personalbemessung
  • Verwischen der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit
  • häufige Umstrukturierungen, Angst vor Arbeitsplatzverlust
  • fehlende Handlungsspielräume und mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten
  • isoliertes Arbeiten ohne Möglichkeit zu sozialen Kontakten, fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte.


Das ASchG sieht bereits in der geltenden Fassung vor, dass Arbeitgeber bei der Präventivbetreuung neben Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern, je nach der in der Arbeitsstätte gegebenen Gefährdungs- und Belastungssituation, sonstige geeignete Fachleute, insbesondere jedoch Arbeitspsychologen, beschäftigen sollten.

Diese Regelung sollte aufgrund einer entsprechenden Einigung der Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer dadurch ergänzt werden, dass zum einen an mehreren Stellen im ASchG die Prävention auch arbeitsbedingter psychischer Belastungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen stärker betont wird und zum anderen die Arbeitspsychologen, als bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren beizuziehende Fachleute, ausdrücklich genannt werden. Begleitend ist eine Änderung der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit über die arbeitsmedizinische Ausbildung von Ärzten, BGBl. 664/1996 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 277/2003, vorgesehen, mit der die Arbeits- und Organisationspsychologie auch verstärkt in die Ausbildung der Arbeitsmediziner integriert werden soll.

Das Anwendungsgebiet der Arbeits- und Organisationspsychologie befasst sich mit den psychologischen Faktoren arbeitender Menschen in Organisationen. Die Arbeits- und Organisationspsychologie beobachtet und analysiert Arbeitsbedingungen und Arbeitsaufgaben und die Ressourcen der arbeitenden Menschen und deren Auswirkungen. Die Arbeitspsychologen sollten daher nicht etwa für individuelle psychologische Betreuungsleistungen (Therapie oder Coaching) von Einzelpersonen herangezogen werden, sondern primär zur Mitwirkung an der Ermittlung und Beurteilung arbeitsbedingter psychischer Belastungen am Arbeitsplatz, bei der Festlegung der Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefährdungen sowie bei der Aktualisierung dieser Evaluierung.

Das ASchG sieht vor, dass Arbeitgeber bei der Präventivbetreuung neben Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern, je nach der in der Arbeitsstätte gegebenen Gefährdungs- und Belastungssituation, sonstige geeignete Fachleute, insbesondere Arbeitspsychologen beschäftigen sollten.

Diese Regelung wird dadurch ergänzt, dass an mehreren Stellen im ASchG die Prävention auch arbeitsbedingter psychischer Belastungen stärker betont wird und die Arbeitspsychologen, als bei der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren beizuziehende Fachleute, ausdrücklich genannt werden. Diese bloßen Klarstellungen betonen die Wichtigkeit psychischer Belastungen im ArbeitnehmerInnenschutz stärker, um damit den notwendigen Bewusstseinsbildungsprozess bei den Verantwortlichen in den Betrieben zu unterstützen und den Einsatz von Arbeitspsychologen in den Betrieben zu intensivieren.

Zu den Neuerungen im ASchG hinsichtlich Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen wurde vom BMASK in Zusammenarbeit mit der WKÖ und der Industriellenvereinigung (IV) ein Merkblatt für Betriebe veröffentlicht.

 

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