29. Mrz 2021

Aktuelle Erkenntnisse

Lebensmittel­verschwendung – für die Tonne?

Eine im März 2021 veröffentlichte UN-Studie macht das Ausmaß der aktuellen Lebensmittelverschwendung deutlich. Wichtig in dem Zusammenhang ist auch die Umsetzung der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Eine Zielsetzung davon ist auch die Reduktion von Lebensmittelabfällen in Privathaushalten und im Handel bzw. von Abfällen in allen Bereichen bis 2030.

Elisabeth Voltmer, qualityaustria Netzwerkpartnerin, Produktexpertin Trainings Lebensmittelsicherheit berichtet über die aktuelle Lage und wo es anzusetzen gilt.

17 Prozent aller Lebensmittel enden im Müll

Nahezu ein Fünftel aller Lebensmittel wird weggeschmissen, bevor diese überhaupt auf den Teller kommen – das passiert sowohl in Privathaushalten, Restaurants als auch im Handel. Laut aktuellen Ergebnissen verschwenden wir durchschnittlich 121 Kilo Lebensmittel pro Person pro Jahr – der Großteil davon schätzungsweise in privaten Haushalten, wobei derzeit keine genaue Messung möglich ist.

Diese Entwicklung bringt nicht nur soziale Folgeprobleme mit sich, da ein großer Teil der Weltbevölkerung fast gänzlich ohne hochwertige Lebensmittel auskommen muss bzw. sich qualitativ hochwertige Mahlzeiten gar nicht regelmäßig leisten kann, sondern bedingt leider auch negative Auswirkungen auf unsere Umwelt, wie aktuelle Zahlen belegen. In der Studie wird aufgezeigt, dass die Lebensmittelproduktion große Mengen an Trinkwasser und Energie verbraucht, Unmengen an Schadstoff produziert und für rund acht bis zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich ist.

Das Ziel auf europäischer Ebene ist es, die Lebensmittelabfälle, sowohl auf der Stufe des Einzelhandels als auch auf Stufe der Endverbraucher*innen bis 2025 um 30% zu vermindern bzw. bis 2030 pro Kopf um die Hälfte zu reduzieren. Damit einher geht die Anforderung, auch Lebensmittelverluste in der Produktions- und Lieferkette drastisch zu minimieren. Im Zuge des Gesetzespakets zur Kreislaufwirtschaft muss auch der Verschwendung von Lebensmitteln Einhalt geboten werden – einerseits werden die Länder dafür verantwortlich sein müssen, Anreize zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen umzusetzen sowie andererseits Kriterien zur Messung der Verluste zu etablieren.

Unsicherheit: Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD)

Eine weitere aktuelle besorgniserregende Entwicklung: In der EU landen etwa 10% der Lebensmittel originalverpackt im Müll, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten wurde, wenngleich diese bei zeitgerechtem Konsum noch genießbar gewesen wären. Tatsächlich gibt das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht Auskunft darüber, ob ein Lebensmittel noch genusstauglich ist und demnach noch verzehrt werden darf oder nicht. Das MHD ist vielmehr eine Garantie der Herstellfirma, dass Produkte – bei ordnungsgemäßer Lagerung – die bedingungsgemäß zu erwartenden Eigenschaften und die volle Genusstauglichkeit mindestens bis zu diesem Datum behalten. Meistens sind Produkte weitaus länger haltbar, eine sensorische Prüfung eines Produkts (Aussehen, Beschaffenheit, Geruch, Geschmack) und das Verlassen auf die eigenen Sinne helfen dabei, festzustellen, ob dieses noch verzehrt werden kann.

Generelle Aussagen um wie viel länger ein Lebensmittel haltbar ist, sind in der Regel nicht oder nur schwer möglich, da die Haltbarkeit von Produkt zu Produkt und auch in Abhängigkeit von den Lagerungsbedingungen unterschiedlich ist. Fakt ist allerdings, dass mit etwas Hausverstand und einem sensorischen Gespür durchaus auch Geld gespart werden kann, wenn nicht alle Lebensmittel sofort nach Ablauf der angegebenen Mindesthaltbarkeitsfrist ungeprüft im Müll landen.

Im Gegenzug zum MHD wird besonders bei leicht verderblichen Lebensmitteln, wie Fisch und Fleisch, ein Verbrauchsdatum mit der Info „zu verbrauchen bis“ angeführt. Das Lebensmittel sollte in diesem Fall trotz korrekter Lagerung nicht mehr konsumiert werden, da es möglicherweise gesundheitsschädlich sein könnte. Produkte mit bereits abgelaufenem Verbrauchsdatum dürfen demnach auch nicht mehr angeboten bzw. verkauft werden.

Trendwende im Gang

Ein Umdenken ist vielerorts bereits in Gange: Food Saving Konzepte, bei denen Lebensmittel sozusagen vor der Mülltonne „gerettet“ werden, erfahren immer größerer Beliebtheit. Gleichermaßen erlangen auch jene Lebensmittel, wie etwa Obst oder Gemüse, die nicht gängigen „Schönheitsnormen“ entsprechen, vermehrt an Bedeutung.

Sozialmärkte und weitere soziale Einrichtungen, die sich für die Verteilung und sinnvolle Nutzung von Lebensmitteln einsetzen, haben sich österreichweit etabliert. Die Idee dahinter: Spenden von Lebensmitteln soll für alle ein Gewinn sein. Unternehmen können soziales Engagement zeigen und darüber hinaus Entsorgungskosten einsparen, unsere Umwelt wird durch einen verantwortungsvollen Umgang mit wertvollen Ressourcen geschont und bedürftige Menschen haben die Chance auf qualitative Lebensmittel zu leistbaren Preisen.

Auch auf EU-Ebene wird dem Thema breit Rechnung getragen: die Farm-to-Fork-Strategie, die von der Kommission im Rahmen des Europäischen Green Deal verabschiedet wurde, sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, um den Übergang zu einem nachhaltigen EU-Lebensmittelsystem zu ermöglichen, das die Ernährungssicherheit und den Zugang zu gesunder Ernährung aus einem gesunden Planeten gewährleistet.

Die Europäische Kommission wird EU-weite Ziele formulieren, um Lebensmittelverluste  und -verschwendung einzudämmen. Darüber hinaus sollen die Regeln zu Lebensmittel-Haltbarkeitsdaten bis Ende 2022 überarbeitet werden, damit Verbraucher*innen diese besser verstehen und anwenden können.

Die Kommission hat bereits jetzt im Einklang mit dem im Rahmen des 2015 verabschiedeten ersten Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft wichtige Schritte zur Vermeidung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung unternommen. Die überarbeitete EU-Abfallgesetzgebung, die am 30. Mai 2018 verabschiedet wurde, fordert die EU-Länder auf, Maßnahmen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung in jeder Phase der Lebensmittelversorgungskette zu ergreifen, Lebensmittelverschwendung zu überwachen und über die erzielten Fortschritte Bericht zu erstatten.

Neben einer gemeinsamen EU-Methodik zur einheitlichen Messung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung, wurde auch eine eigene EU-Plattform zu diesem Thema eingerichtet. Ferner wurden Maßnahmen zur Klärung der EU-Rechtsvorschriften in Bezug auf Abfälle, Lebensmittel und Futtermittel geschaffen und letztendlich auch Vorkehrungen zur Erleichterung von Lebensmittelspenden und Verwendung von Lebensmitteln, die nicht mehr für den menschlichen Verzehr geeignet sind, als Tierfutter getroffen.

All diese Maßnahmen sind notwendig, denn die Problematik der Lebensmittelverschwendung geht Hand in Hand mit weiteren globalen Herausforderungen, wie der wachsenden Weltbevölkerung, dem demographischen Wandel, ökologischen Schäden und sozialer Ungleichheit. Auch wenn die EU-Nachhaltigkeitsstrategie die Bewältigung dieser Thematiken bereits vorsieht, gilt es auch selbst klein anzufangen: jede*r Einzelne*r sollte seinen Beitrag zur Eindämmung von Lebensmittelverschwendung leisten sowie mit Hausverstand und Verantwortungsbewusstsein agieren.

Ein paar einfache Tipps und Tricks, wie es gelingt, Verschwendung von Lebensmitteln in privaten Haushalten zu vermeiden:

  • Kontrollieren Sie regelmäßig Ihre Vorräte und achten Sie auf eine zeitgerechte Verarbeitung,
  • schreiben Sie bedarfsgerechte Einkaufslisten und achten Sie darauf, wirklich nur jene Lebensmittel einzukaufen, die benötigt werden,
  • hinterfragen Sie Mengenrabatte und Aktionen kritisch und
  • gewährleisten Sie optimale Lagerungsbedingungen, insbesondere bei kühlpflichtigen Lebensmitteln.

Autorin

Netzwerkpartner*in

Frau Mag. Elisabeth Voltmer

Netzwerkpartnerin, Produktexpertin Trainings Lebensmittelsicherheit

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