14. Nov 2019

13. qualityaustria Gesundheitsforum

„Prognose-Tools können künftige Erkrankungen von Gesunden prognostizieren“

Eine ethisch interessante Debatte eröffnete Telemed Austria Präsident Christof Pabinger am 13. November beim 13. qualityaustria Gesundheitsforum in Wien. Prognose-Tools seien in der Lage, künftige Erkrankungen von derzeit noch beschwerdefreien Menschen vorherzusagen. Der Experte warf die Frage auf, ob man diese Patienten prophylaktisch behandeln solle oder nicht. Große Themenblöcke waren auch dem Qualitäts-/Risikomanagement gewidmet. MOOCI-Gründer Janis Jung erklärte, warum rund 50 Prozent der Ärzte auf seiner Bewertungsplattform abgelehnt werden. qualityaustria Branchenkoordinator Günther Schreiber wies auf die positiven Entwicklungen durch Digital Health hin, ortet aber auch einen Ärztemangel in Österreich.

Bild oben v.l.n.r.: Christof Pabinger (Präsident, Telemed Austria), Günther Schreiber (Netzwerkpartner, Projektmanagement und Koordination Branche Gesundheitswesen, Quality Austria) und Janis Jung (CEO & Founder, MOOCI) ©Anna Rauchenberger

Moderne Management-Tools und die neuesten 4.0-Entwicklungen standen diesmal beim jährlich stattfindenden qualityaustria Gesundheitsforum im Zentrum. „Die Quality Austria will Zukunft gestalten und daher Veränderungen proaktiv angehen. Deshalb zeigen wir laufend die neuesten Entwicklungen im Bereich Digital Health auf und wie man mit neuen Ansätzen und Normenentwicklungen bei Managementsystemen die Zukunft strategisch planen kann“, erklärte Günther Schreiber, Netzwerkpartner, Projektmanagement und Koordination Branche Gesundheitswesen, Quality Austria. Auch vor einer kritischen Bestandsaufnahme des Status quo schreckte der Experte nicht zurück, indem er festhielt, dass der seit Jahren prognostizierte Ärztemangel bereits Realität geworden sei: „Die Krise im Gesundheitswesen rückt heran. Die 68er-Generation geht in Pension. In vielen Krankenhäusern können Posten nicht mehr besetzt werden. Dies bewirkt lange Wartezeiten, gesperrte Betten und geschlossene Stationen.“

75 Prozent der Patienten wollen digital kommunizieren

„Die Telemedizin 4.0 ist schon längst Realität, auch wenn Ärzte, Versicherungen und der Gesetzgeber das nicht wahrhaben wollen“, rüttelte Christof Pabinger, Präsident von Telemed Austria, die Zuhörer wach. Ein durchschnittlicher Arzt sei so EDV-affin wie ein über 65 Jahre alter Patient, daher stehe im Jahr 2020 der Patient 4.0 dem Arzt 1.0 gegenüber. „75 Prozent der Patienten wollen digital mit ihrem Arzt kommunizieren“, plädierte Pabinger für mehr Mut und Entschlossenheit im Gesundheitswesen. In Zukunft werde das Thema „Maschinelles Lernen“ an Bedeutung gewinnen, wie zum Beispiel die Entwicklung von Prognose-Tools, die zukünftige Erkrankungen von derzeit Gesunden prognostizieren. Damit würden ethisch interessante Debatten eröffnet, beispielsweise ob man diese Patienten prophylaktisch behandeln solle, auch wenn sie zum Zeitpunkt der Prognose noch beschwerdefrei seien. „Dank Machine Learning können zukünftige Erkrankungen nun sicher prognostiziert werden und vor dem Ausbruch bereits Gegenmaßnahmen ergriffen werden“, erklärte der Experte.

Datensammlung birgt Gefahr für Hochrisikopatienten

Die Chancen und Risiken der Digitalisierung bezogen auf die EN 15224 hat auch Peter Sögner, Netzwerkpartner, Lead Auditor, Trainer, Quality Austria, zum Thema gemacht. Derzeit sei das Sammeln und Übermitteln von Vitalparametern wie beispielsweise Puls, EKG, Blutdruck oder Blutzucker bereits Realität. Preisgegeben werden die Daten „freiwillig“ und ohne großen Widerstand mittels Smart-Phones oder Smart-Watches. Gesammelt werden sie in cloudbasierten Datenbanken überall auf der Welt. „Der nächste Schritt, die Sammlung des Genoms, hat bereits begonnen. Die Testkits für genetische Risiken für zahlreiche Erkrankungen sind bereits verfügbar“, erklärte Sögner. Die Risikoprofile und die Wertschöpfungsketten seien allerdings weder ausreichend diskutiert noch gesetzlich geregelt. Die Möglichkeiten der Optimierung des Patientengutes für Gesundheitsdienstleister werden dadurch zunehmend den Gesetzen des freien Marktes überlassen. Hochrisikopatienten können dadurch im Vorfeld für Privatversicherungen oder Kliniken datenbasiert stratifiziert – sprich aussortiert – werden. „Algorithmen haben kein Taktgefühl“, brachte Sögner die damit verbundene Problematik auf den Punkt.

Laien beurteilen Ärzte nur nach subjektiven Kriterien

Den Patienten Sicherheit bei der Arztsuche zu geben, hat sich das Start-Up MOOCI zum Ziel gesetzt, das vor rund drei Jahren von CEO Janis Jung und seinen Partnern gegründet wurde. Das MedTech hat erhoben, dass knapp 94 Prozent aller Patienten online nach Informationen suchen, bevor sie sich für einen Arzt entscheiden. Die Bewertung würde beim Großteil der Plattformen allerdings oftmals nur das subjektive Meinungsbild der Patienten zum Ausdruck bringen. „Laien können zwar beurteilen, ob sie mit einer Behandlung zufrieden waren oder von der Ordinationshilfe freundlich empfangen wurden. Aber sie können nicht beurteilen, ob die im Internet gefundenen Gesundheitsinformationen gut oder schlecht sind und ob die Qualifikation der Ärzte hoch oder niedrig ist“, zeigt sich Jung überzeugt. MOOCI überprüft daher gemeinsam mit einem juristischen und medizinischen Expertenbeirat die Qualifikation und Kompetenz von Ärzten anhand von objektiv messbaren Kriterien – beispielsweise Vortragstätigkeiten, Fortbildungsdiplome oder Routine bei bestimmten Operationen. „Jeder Arzt, der auf unserer Plattform gelistet werden will, wird von uns überprüft. Allerdings entsprechen nur rund 50 Prozent unseren Qualitätskriterien, die anderen 50 Prozent sind keine schlechten Ärzte, aber haben oftmals keine ausreichende Erfahrung, weshalb wir diese nicht ins Netzwerk aufnehmen“, erklärte der MOOCI-CEO. Hohe Qualitätsmaßstäbe legt Jung auch bei sich selbst an – so wurde sein Unternehmen im Sommer 2019 als eines der wenigen österreichischen Start-Ups erfolgreich nach ISO 9001 zertifiziert.

Experten erläuterten die Änderungen in der Normenwelt

Anni Koubek, Prokuristin Innovation, Business Development Qualität, Quality Austria, widmete ihren Vortrag den Veränderungen in der Normenwelt.

Bild v.l.n.r.: Peter Sögner (Netzwerkpartner, Lead Auditor, Trainer, Quality Austria), Anni Koubek (Prokuristin Innovation, Business Development Qualität, Quality Austria) und Klaus Weitmann (Netzwerkpartner, Produktexperte Risikomanagement und BCM, Quality Austria) ©Anna Rauchenberger

Fragen wie „Wo ist die Zukunft der Qualität?“ und „Wie entwickelt sich der Qualitätsbegriff weiter?“ stünden derzeit bei der Quality Austria im Zentrum. Dafür wurde gemeinsam mit der Johannes Kepler Universität Linz das Projekt „Qualität 2030“ ins Leben gerufen, dessen Detailergebnisse auf dem qualityaustria Forum am 18. März 2020 in Salzburg präsentiert werden. Aus ihrer Sicht wichtige Aspekte bzw. „Megatrends“ der Zukunft von Qualität seien Agilität, Vertrauen, Digitale Prozesse, Data Science, Kreislauf-Denken und der Digitale Kunde/Patient. Koubek gab auch einen kurzen Überblick über das Projekt „Benannte Stelle für MDR und IVDR“. Derzeit gäbe es in Österreich keine heimische Benannte Stelle für eine Produktzulassung im Medizinproduktebereich. Um diesem Defizit entgegenzutreten, wurde von der Quality Austria das Tochterunternehmen QMD Services gegründet. Mitte Juni 2019 hat man den Antrag auf Benennung als Konformitätsbewertungsstelle nach der Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017/745) beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz eingebracht. Klaus Weitmann, Netzwerkpartner, Produktexperte Risikomanagement und BCM, Quality Austria, hatte sich in seinem Vortrag ganz der Risikomanagementnorm ISO 31000 verschrieben und brach eine Lanze für das Enterprise Risk Management, mit dem Organisationen den Rundumblick über ihre diversen Risikofelder behalten können. Mit Sommer 2020 werde zudem eine ÖNORM D 4901 als Zertifizierungsnorm zur Verfügung stehen.

Ansprechpartner Gesundheit, Soziales und Gesundheits­tourismus

Netzwerkpartner*in

quadratisches Portraitbild von Günther Schreiber

Herr Dr.med.univ. Günther Schreiber

Netzwerkpartner, Projektmanagement und Koordination Branche Gesundheitswesen

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