18. Jul 2022

Expertin für Managementsysteme berichtet aus der Praxis

So steigert man das Qualitäts­bewusstsein der Belegschaft

Ob Listerien in Fleischknödeln oder fehlende Allergenkennzeichnungen bei Schokoladeneiern in der Lebensmittelbranche: Beinahe im Wochentakt veröffentlicht die AGES neue Produktrückrufe. Auch in der Automobil-Industrie sind Fahrzeugrückrufe gang und gäbe – seien es etwa Fehler am Bremssystem oder Probleme mit Heizelementen. Die Implementierung eines Managementsystems trägt dazu bei, die Qualität in den besagten Branchen zu sichern. Doch der anfänglich damit verbundene Dokumentationsaufwand stößt in der Belegschaft zunächst häufig auf Ablehnung. Elisabeth Hofstätter-Kollarich von Quality Austria kennt 5 Tipps, wie man die Mitarbeitenden dafür ins Boot holen kann.

In der Praxis gleicht kein Managementsystem dem anderen, denn Standards wie die Qualitätsnorm ISO 9001 bilden lediglich den Grundstock für weitere Zertifizierungsmodelle. Managementsysteme sind jedenfalls zu Beginn immer mit einem zusätzlichen Dokumentationsaufwand verbunden, dessen Umfang von der jeweiligen Branche, Betriebsgröße oder individuellen Risiken abhängt. „Vor allem in Produktionsbetrieben werden die regelmäßigen Aufzeichnungen von der Belegschaft oft als lästig empfunden, weil sie das nicht als Teil ihrer Kernaufgaben sehen“, wie Elisabeth Hofstätter-Kollarich weiß. Sie ist bei Quality Austria für Innovationen und Business Development für Integrierte Managementsysteme (IMS) zuständig und kennt als Auditorin und langjährige Qualitätsmanagerin die möglichen Vorbehalte nur zu gut. Doch wer nur ein paar Punkte beherzigt, kann dafür sorgen, dass sich die Stimmung dreht.

1) Mittleres Management ist Dreh- und Angelpunkt

Manchmal werden Managementsysteme nur deshalb eingeführt, weil es die Kund*innen verlangen, manchmal, weil es gesetzlich gefordert ist oder manchmal auch aus eigenem Antrieb der Führungsspitze. „Dreh- und Angelpunkt ist in allen Fällen, dass man auch das mittlere Management von der Notwendigkeit bzw. dem sich daraus ergebenden Nutzen überzeugt“, erklärt die Expertin.

Tatsächlich sind die laufenden Aufzeichnungen von großem Nutzen und dienen in weiterer Folge unter anderem der Sicherstellung der Produktqualität oder als Nachweis gegenüber Behörden und Kund*innen. Auch können sie als Arbeitsanleitung für neue Mitarbeitende fungieren oder Produktrückrufe vereinfachen. „Wenn der Nutzen allen klar kommuniziert wird, steigt auch die Bereitschaft, die Aufzeichnungen exakt und regelmäßig zu führen.“

2) Daten laufend analysieren und sofort eingreifen

In vielen Produktionshallen werden zwar laufend Mess- und Prüfdaten erhoben, die Auswertung der Daten erfolgt aber nur ein Mal pro Woche oder gar pro Monat. „Der momentanen Einhaltung der Produktionspläne wird meist oberste Priorität eingeräumt. Doch wenn Fehler erst später erkannt werden, bringt man die betreffenden Mitarbeiter*innen nur mehr sehr schwer dazu, diese aufzuarbeiten. Eine zeitnahe Dokumentation ist hingegen ein nützliches Instrument, um Fehler präventiv zu vermeiden“, so die Expertin. Daher braucht es Verantwortliche und Ressourcen, um die Daten laufend zu analysieren und sofort nachhaltige Maßnahmen einzuleiten.

3) Aufzeichnen durch Maschinen statt durch Menschen

Produktionsmitarbeitende verrichten zwar in der Regel gerne manuelle Tätigkeiten, haben aber oft eine Aversion gegen ständiges Mitschreiben. Vielfach müssen sie die Aufzeichnungen sogar noch handschriftlich führen. Maschinell auslesbar und auswertbar sind diese unstrukturierten Daten aber nicht. Daher ist es von Vorteil, wenn die Aufzeichnungen elektronisch durch die Produktionsmaschinen erfolgen. Zudem sollten die Daten der einzelnen Produktionsprozesse zusammengeführt werden, damit Fehler auf Knopfdruck erkannt und Verbesserungen eingeleitet werden können.

4) Eine Fehlerkultur etablieren

„In einer von Angst geprägten und hierarchisch aufgebauten Firmenstruktur besteht immer auch die Gefahr, dass die Mitarbeitenden Fehler gänzlich vertuschen wollen“, mahnt Hofstätter-Kollarich. Daher braucht es eine Firmenkultur, in der man wegen Missgeschicken nicht zurechtgewiesen wird, sondern diese vielmehr dem Lernen dienen. Im Vergleich zu früher findet in vielen Unternehmen diesbezüglich bereits ein Umdenken statt. Manchmal werden Fehler auch nicht absichtlich kaschiert, sondern aufgrund der Routine gar nicht mehr als solche empfunden. Erst bei Audits werden die Prozesse hinterfragt und Fehlentwicklungen entdeckt – daher sind diese regelmäßigen Überprüfungen von außen wichtig.

5) Prozesse mit den Fachbereichen erarbeiten

Es ist essenziell, Prozesse und Arbeitsschritte exakt zu beschreiben. Allerdings entstehen manchmal auch Parallelwelten, in denen das Dokumentierte mit den tatsächlichen Arbeitsabläufen nur mehr wenig gemeinsam hat. „Es geht nicht darum, dass Administrationskräfte oder Qualitätsmanager*innen schriftlich festhalten, wie Prozesse in ihrer theoretischen Idealwelt aussehen könnten“, appelliert die qualityaustria Auditorin. Diese verfügen oft auch gar nicht über das alle Fachgebiete und Abteilungen betreffende Detailwissen. Daher sollten Qualitätsmanager*innen mit den Fachabteilungen in ständigem Austausch stehen und Routinetätigkeiten hinterfragen. Dies führt nicht nur zu stetigen Verbesserungen, sondern die Belegschaft fühlt sich dadurch auch in die Managementsysteme eingebunden und ist mit mehr Begeisterung bei der Sache.

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